HÖRERLEBNIS 46
Lautsprecher: Pavane von CL Konzertmöbel
Palastrevolution
von Robert Schmitz-Niehaus
Luftig, leicht, klar durchsichtig: so könnte man das Design der Pavane nennen. Eine einfachere Konstruktion, noch mehr "Straight Line" ist wohl nur schwer möglich. Dieser futuristisch anmutende Lautsprecher besteht nämlich, an audiophilen Boliden gemessen, lediglich aus zwei fein anmutenden Röhren, gehalten durch Edelstahlstangen. In der Mitte "schwebt" eine Kugel, das ist alles. Und - da kommt richtig Musik raus. Wer baut so was?
Der findige Entwickler heißt Manfred Claas, sein Unternehmen CL Konzertmöbel. Er lebt und arbeitet in Bissendorf, in der Nähe von Osnabrück. Manfred Claas ist ein Verfechter von Rundumstrahlern. Seit vielen Jahren betreibt er dieses Geschäft - erfolgreich -, um jetzt dem Musikliebhaber ein völlig neues Prinzip vorzustellen, das bereits zum Patent angemeldet ist. Es zeichnet sich dadurch aus, das zwei identische Breitbandchassis auf ihrer Achse gegenüberliegen und gegeneinander abstrahlen. Zwischen ihnen ist ein konvexer Körper, eine Kugel aus Holz, Stahl oder anderen Materialien, angebracht. Auf diese Weise wird einerseits der Schall komprimiert und andererseits hoher Schalldruck erzeugt. Die Kompression ist dabei gleichphasig, symmetrisch und unverzerrt. Die Kugel zwischen den Chassis erlaubt eine radiale Reflexion, wie es bei natürlichen Schallquellen der Fall ist. Subjektiv empfindet der Hörer daher, daß der Klang aus der Kugel kommt und nicht aus den Lautsprechern. Soll heißen, man kann später die Position der Lautsprecher im Raum auch kaum orten. Auf der vom Hörplatz abgewandten Seite der Kugel ist noch ein kleiner Hochtöner angebracht, der aber erst ab 10 kHz einsetzt. Durch die Kombination von Kompression und radialer Abstrahlung erzeugt dieses Prinzip einen gleichfalls dynamischen, weichen und raumfüllenden Klang.
Auf Wunsch kann das offene Mittelteil, in dem die Kugel befestigt ist, mit einem schalldurchlässigen, stabilen Metallnetz verkleidet werden. Dadurch kommt zwar der Säulencharakter besser zur Geltung, doch geht die optische Leichtigkeit des Systems etwas verloren: echte Geschmackssache. Das Gehäuse, weil rund, ist erstaunlich resonanzarm. Der Abklopftest mit den Fingerknöcheln ist hier wirklich überzeugend. Auch kommt es bei großorchestraler Musik nicht zu Vibrationen oder Flattern des Metallnetzes. Farblich ist überdies alles möglich, was eine Lackiererei zu bieten hat.
Die Höhe von 115 cm und der Durchmesser von 15 cm machen aus der Pavane eine stilvolle Säule, die mit ihrem für meinen Geschmack gelungenen, zeitlosen Design das Attribut "praxisgerecht" verdient. Unter praxisgerecht versteht Manfred Claas allerdings, daß man die Pavane dahin stellen kann, wo die Frau es bestimmt. Der Wirkungsgrad liegt bei erfreulichen 89 dB. Deshalb kommt selbst ein 300 B-Verstärker als Partner noch in Frage. Überhaupt zeigt sich die Pavane bei der Wahl ihrer Verstärker großzügig. Ob Transistor oder Röhre, sie spielt mit ihrer Impedanz von 8 Ohm und einer Belastbarkeit von 40 Watt mit allen Varianten ausgezeichnet. Ebenfalls erhältlich ist eine aktive externe Tieftonunterstützung. Sie entspricht in ihrer äußeren Erscheinung dem schicken Design der Pavane und läßt sich klanglich mit wenig Aufwand jedem Raum anpassen.
Aufstellung und Kommentar
Rundumstrahler haben den Ruf, daß sie bei der Aufstellung ganz besonderer Sorgfalt bedürfen. Das bestätigt die Pavane zwar nicht. Gleichwohl kann sie nicht einfach nur hingestellt werden. Sie hat durchaus verschiedene Positionen im Raum, auf denen sie besser klingt als auf anderen. Wie alle Rundumstrahler, aber auch nahezu alle Flächenlautsprecher wie Elektro- und Magnetostaten, strahlt die Pavane ungehindert nach hinten ab. Wie weit entfernt die Pavane allerdings zu der nach hinten begrenzenden Wand steht (sowie deren Beschaffenheit) sind zu meiner Überraschung keine elementaren Aufstellungskriterien. Theoretisch ist es ja so, daß ein großer Teil des vom Lautsprecher direkt auf die rückwärtige Wand kommenden Schalls zurückgeworfen wird und bei bestimmten Frequenzen Anhebungen oder Auslöschungen erzeugt. Die Frequenzen lassen sich aus den Wellenlängen, diese wiederum aus dem Abstand zur Wand berechnen. Akustisch wirkt sich das so aus, daß bei üblichen Wandabständen der Grundton zwischen 100 und 300 Hz beeinflußt wird. Deshalb können sich wenige Zentimeter nach vorne oder nach hinten klanglich so gravierend auswirken und Welten bezüglich Klarheit und Definition bedeuten. Das Ganze ist natürlich noch von den Grundresonanzen des Raumes abhängig.
Meine wichtigste Arbeit ist es also, den richtigen Abstand zwischen diesen beiden Lautsprechern zu finden. Die Basisbreite ist dabei von entscheidender Bedeutung für die Breite der Abbildung. Stehen die Pavane zu nahe beieinander, erzeugen sie einen Klangtunnel, der äußerst schmal ist, allerdings sehr tief reicht. Nimmt die Basisbreite zu, erweitert sich der Tunnel, wird bei der Pavane jedoch im Gegensatz zu vielen direktstrahlenden Lautsprechern kaum weniger tief. Wenn rechter und linker Kanal schließlich in zwei getrennte Schallquellen zerfallen, war es zuviel des Guten. Es sind schon einige "Übungen" notwendig, den richtigen Mittelweg zu finden. Wenngleich ich die Pavane zu den in dieser Beziehung völlig unkritischen Wandlern zähle.
Im Fuß habe ich übrigens keine Einlassungen für Spikes gefunden, so daß eine vertikale/horizontale Ausrichtung des Lautsprechers nur schwer möglich ist, sollte der Boden uneben sein (aber wo ist er das wirklich?). In meiner Aufstellung finde ich zudem, daß die Pavane am besten klingt, wenn sie 10 bis 15 Zentimeter höher steht - gut nachvollziehbar bei komplexen Orchesterpassagen. Die Perspektive des Hörers erstreckt sich dann nicht von oben nach unten wie in einer "Draufsicht", sondern breitet sich auf Ohrhöhe dreidimensional aus. Dabei habe ich großes Verständnis für die konstruktiv festgelegte Höhe des Lautsprechers. Sie ist zwangsläufig ein Kompromiß des Entwicklers an ein ausgewogenes Design. Denn Manfred Claas spricht mit der Pavane einen Kreis von Musikliebhabern an, die nicht nur in einem eng begrenzten audiophilen Umfeld zu finden sind, sondern für die das Hören von Musik ein Genuß ist (wie das Trinken eines guten Weins), der allerdings im Einklang mit wohnlichem Ambiente stehen muß. Damit erschließt er sich eine völlig neue, anspruchsvolle Zielgruppe.
In meiner endgültigen Aufstellung sind die Pavane 2,60 Meter voneinander entfernt, auch drei Meter bereiten kein Problem. So erzeugen diese Wandler in meinem Raum ein breit aufgefächertes, tiefes Klangfeld. Dabei fallen einige Details besonders auf: Weder Stimmen noch Instrumente kleben an den Lautsprechern. Die Abbildung ist deutlich von den Boxen abgerückt, dieses lästige Spielen auf den Chassis findet hier nicht statt. Stimmen und Instrumente stehen vielmehr frei im Raum und es gibt reichlich Luft um die Klangereignisse. Auch ist die Tiefenabbildung in der Mittelachse zwischen den Lautsprechern nicht weitreichender als am linken und rechten Spektrum. Ich kenne dieses Trapezphänomen nämlich von vielen anderen Boxen.
Eine ganz andere positive Eigenschaft der Pavane ist ihre Kohärenz innerhalb der Abbildung. Auch da kenne ich wieder eine Reihe von Wandlersystemen, die ein räumliches "Weggleiten" bei den höheren Frequenzen aufweisen. Man hat dann den Eindruck, als seien hohe Töne von Bässen und Mitten abgekoppelt, eben so, als "glitten" sie in der Vertikalen nach oben "weg". Die Pavane weist dieses Fehlverhalten nicht auf und bleibt auch bei veränderten Pegeln konstant bei ihren Wiedergabeeigenschaften.
In ihrer Grundtendenz zeichnet sich die Pavane durch einen weichen, runden, zarten dabei recht volumigen Charakter aus. Letzteres Merkmal vergrößert sich mit der optionalen externen Tieftonunterstützung erheblich. Die Höhen sind federleicht, präzise und schnell. Sie besitzen jenes entscheidende Quentchen Schmelz, das sie zudem geschmeidig macht. "Schöne" Stimmen - nicht "geschönte" - attestieren überdies ausgewogene Mitten. Der Baß ist sicherlich kräftig, allerdings für meinen Geschmack eher schlank, weshalb ich die externe Tieftonunterstützung jedem ans Herz lege. Dann ist dieser Frequenzbereich durchaus straff und bietet genau das richtige Fundament für eine erlebnisreiche Wiedergabe.
Wenn es für mich bei dieser Art der Wiedergabe einen subjektiven Ruhepunkt gibt, dann liegt er im Grundtonbereich. Die Abbildung beläßt den Instrumenten ihre Konturen. Nie klingt es nach Plastik oder Pappchassis. Ich habe keine Mühe, Zischlaute bei Stimmen (James Taylor; "Hourglass"; Columbia 4877485) zu identifizieren. Bei vielerlei Musikprogramm wirkt die Pavane unaufdringlich, dezent und ganz selbstverständlich. Scharfe und strahlende Trompeten (Miles Davis; "Love Songs"; Columbia 4988392) zeigen mir zweierlei: Es werden dem Instrument weder Helligkeit noch Leuchten entzogen. Außerdem greift dann diese beeindruckende Fähigkeit des Rundumstrahlers, so richtig Luft um die Instrumente zu zaubern.
Wenn ich noch ein Prädikat verleihen müßte, hieße es "Alltagstauglichkeit": wichtig für die Verkaufsfront im Handel. Dieser Lautsprecher ist zu direktabstrahlenden Konkurrenzprodukten eine wirkliche Alternative und trifft ob seiner klanglich homogenen Abstimmung garantiert den Geschmack vieler audiophiler Hörer. Außerdem ist die Konstruktion in moderaten Preisregionen angesiedelt, wo sie das Zeug hat, zum “Volkslautsprecher” zu avancieren. Mal ganz davon abgesehen, daß dieser Wandler verstärkerunkritisch ist.
Mich überrascht die Pavane aber auch im Hinblick auf mein Lautheitsempfinden. Aufgrund der guten Detailzeichnung kommt bei mir nicht der Wunsch auf, laut zu hören. Und doch höre ich gern lauter als sonst. Vielleicht, weil die Musikwiedergabe nicht verbunden ist mit dem typischen Druck auf den Ohren, den vor allem klassische Hornsysteme erzeugen und der für viele anders ausgerichtete Hörer als ich einer bin, einen besonderen Reiz darstellt. Für mich ist die über einen Rundumstrahler erzeugte Abbildung einfach natürlicher und kommt dem Liveerlebnis viel näher. Die Pavane ermöglicht es mir sogar, selbst über eine unbekannte Schallplatte, hinsichtlich der Mikrophonposition, Raumabbildung und Luftigkeit, definitive Aussagen zu machen. In hohen Lagen ist eine Geige eindeutig in den Konturen des Instruments umrissen und deshalb gut zu lokalisieren. Sofern es bei leicht gehobener Zimmerlautstärke bei Stimmen doch zu harten Zischlauten kommt oder Blasgeräusche gepreßt klingen, kann einer solchen Erscheinung durch eine etwas breitere Aufstellung sofort die Spitze abgebrochen werden. Da trifft den Lautsprecher keine Schuld. Obgleich eine Pavane sicherlich nicht entwickelt wurde, um "Krawallmusik" in ohrenbetäubendem Dezibelgraden wiederzugeben. Wichtig erscheint mir noch: Alles bisher Gesagte bezieht sich nicht auf eine einzige Hörpostion. Außerdem gehöre ich anscheinend zur seltenen Spezies, die sich Platten und CDs ohne die Sorge des Audiophilen kauft, ob diese Scheibe auch "richtig" klingt. Mit der Pavane kann ich nämlich das breite Spektrum meiner Musik genießen - und mit einer gewissen Einschränkung sogar die leider weit verbreiteten "suboptimalen" Aufnahmen.
Geht es denn im Klang noch besser oder souveräner oder erwachsener? Aber ja. Membranfläche ist bekanntlich durch nichts anderes zu ersetzen als Membranfläche. In ihren Dimensionen abweichend fallen die größeren Modelle von CL Konzertmöbel aus, die nicht nur mehr kosten, sondern auch mehr können. Ob das alles nötig ist? Diese Frage muß jeder für sich selbst beantworten. Ein erstes, sicherlich kurzes Reinhören in die "upperclass" hat mich dann doch ungläubig staunen lassen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte...
Noch ein Wort zu Rundumstrahlern: Reinhören und klasse finden? Ist nicht! Dieses Prinzip muß man lernen zu verstehen. Dazu braucht es Zeit. Es braucht Zeit mit liebgewonnenen Gewohnheiten zu brechen, neue Welten zu erschließen. Dazu muß auch ein jeder Hörer erst bereit sein. Rundumstrahler sind so anders und dabei so gut, daß ich jedem diese "Erkenntnis" wünsche, die ich für mich gewonnen habe. Allerdings läuft man anschließend Gefahr, für herkömmliche Wiedergabesysteme "versaut" zu sein.
Fazit: Wenn man das alles liest, wird man sicherlich nicht glauben, daß es einen solchen Lautsprecher mit solchen Qualitäten für unter 2.000 Euro geben soll. Richtig gelesen - und jetzt langsam auf der Zunge zergehen lassen: für unter zweitausend Euro. Für diesen Betrag bietet CL Konzertmöbel unglaublich viel Klang. Sensationell viel! Die Pavane ist ein echte "Revoluzzerin", die im audiophilen Klassenkampf ungeniert auf eine Führungsrolle im Palast pocht. Außerdem ist die Pavane mit Sicherheit die preiswerteste und dabei empfehlenswerteste Eintrittskarte in die faszinierende Klangwelt der Rundumstrahler. Und ich weiß genau, wovon ich rede!RSN
Das Produkt:
Pavane
Preis ab 1.950 Euro
Optional erhältlich:
externe Tieftonunterstüztung
Hersteller und Vertrieb:
CL Konzertmöbel
Am Hehenkamp 1
49143 Bissendorf
Tel. + Fax: 05402-7147gehört mit:
Laufwerk: Transrotor Fat Bob,
Arm: SME V, SME 3012 R,
Tonabnehmer: DT II Special, Benz-Scheu, The Frog, Denon DL 103,
CD-Player: Electrocompaniet EMC-1,
Vorstufe: Beck RV (Röhre),
Endstufe: Beck RE (Röhre),
Vollverstärker: Unison Research S1, Symphonic Line RG 14 (Modell 2003)
Lautsprecher: Jupiter von CD-Konzertmöbel, Aktive Gate von Newtronics,
Kabel: Black von Dolphin, Fadel Art (LS), Beck, Audio Agile, Voodoo Cable von Dope Sounds, Ortofon SPK 5000 Silver und SPK 3000 Silver, NF 3 von Klang und Kunst, HMS-Grand Finale
Zubehör: CD-Mat von Audio Physik, Squalan-Öl, Netzfilter: Fisch Audiotechnik, Tonbasen: Eigenbau, Rack: Eigenbau