HÖRERLEBNIS 44
Plattenspieler: Fat Bob S von Transrotor
Quellen-Studium
von Marco Kolks
Immer wieder zieht Jochen Räke einen Trumpf aus dem Ärmel. Meistens dann, wenn keiner damit rechnet. Mit dem Fat Bob S, einer Schmalspurvariante des audiophilen Meilensteins aus gleichem Hause namens ‚Fat Bob', zieht er alle Register. Das zu einem sensationellen Kampfpreis geschnürte Freundschaftspaket enthält: ein Masselaufwerk mit stark modifiziertem Rega-Tonarm und noch dazu ein Goldring-Tonabnehmer. Das dürfte der Konkurrenz schlaflose Nächte bereiten. Kenne ich doch zur Zeit nichts, was damit Schritt halten könnte.
Aber der Reihe nach: Das hochglanzpolierte Masselaufwerk bringt satte 24 Kilo auf die Waage. Dabei ist es in seiner Optik schlicht gehalten. So schlicht, daß es alle Merkmale für einen neuen Klassiker in sich vereint. Lieferbar mit einer oder zwei Tonarmbasen - der ‚Sozialausgabe' mit einem auf links gedrehten RB 250 oder als Oberligamitglied mit einem Vertreter aus dem Hause SME, vorzugsweise dem Modell 3500. Das ist eine gelungene Kombination der entscheidenden Zutaten aus IIIer, IVer und Ver. Der 3500 ist dem ganz großen Sproß V sicherlich in Bezug auf den Klang ebenbürtig, verfügt allerdings im Gegensatz zu diesem über eine drehbare Headshell. Ebenso wie der V ist auch der 3500 ein Arm für Reiche, erfüllt aber auch höchste Ansprüche. Der 3500 dürfte aufgrund seiner perfekten Verarbeitung und seines problemlosen Handlings daher viele Freunde finden.
Der Plattenteller hat eine Auflage aus schwarzem Acryl. Das 6 mm starke Material, das dem Vinyl der Schallplatte in klanglicher Hinsicht sehr ähnlich ist, wird oben eingelassen. Jochen Räke verspricht sich davon besonders gute Dämpfungseigenschaften. Wendet man den Teller, fallen die eingefrästen Rillen sofort ins Auge. Sie vergrößern sich kreisförmig vom Zentrum bis zum Rand. Ähnlich den Wellen, die entstehen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Jochen Räke macht sich diese Arbeit, weil er bei solch hohen Massen sonst glockenartige Resonanzen befürchtet und der Teller nach seiner Erfahrung von allein kaum noch zur Ruhe käme, was sich äußerst negativ auf den Klang auswirken würde. Darin sieht er auch ein gravierendes Problem bei einigen Mitbewerberprodukten.
Die Basis des Laufwerks ist ebenfalls eine aus dem Vollen gedrehte Aluminiumscheibe, die die gleiche Größe hat wie der Teller. Die gesamte Konstruktion ruht auf drei höhenverstellbaren Spikes. Zum Lieferumfang gehören entsprechende Unterlegscheiben, ebenfalls aus Aluminium. Damit tut man sich in klanglicher Hinsicht allerdings keinen Gefallen. Eine Unterlage aus massivem Holz bringt beispielsweise deutlich mehr.
Neu sind die Tellerlager. Sie sollen noch besser sein als die der Plattenspielerlegende Quintessence. Sowohl an der Innen- wie auch an der Außenseite der Lagerhülse sind Gewinde zum ‚Hochpumpen' und Ablaufen des Öls angebracht. So ist stets eine optimale Schmierung garantiert. Ewig halten dürfte auch ein weiteres Lagerelement, die Keramikkugel, die sich gegen eine Platte aus Hartmetall dreht.
Die Tonarme werden auf zwölf Millimeter starken Aluprofilen links und rechts vom Teller befestigt. In sie eingelassen sind jeweils zwei Bohrlöcher, eines davon etwas größer als das andere. So läßt sich in beschränktem Umfang noch der Lagerpunkt des Tonarms verschieben. Genial einfach, einfach genial.
Wie bei allen Transrotor-Laufwerken erfolgt der Antrieb über einen Rundriemen, der im Hause Räke aufwendig geschliffen wird. Gerade an dieser Stelle wird klar, mit wie viel Liebe zum Detail Jochen Räke fertigt und wie liederlich simpel im Vergleich dazu Baumwoll- oder Nylonfäden der Konkurrenz aussehen. An der Qualität wird in der analogen Hochburg Bergisch Gladbach sicherlich nicht gespart. Der Motor thront außerhalb in einem eigenen Gehäuse. Er läuft stabil und gibt ebenfalls wie die gesamte Konstruktion keinen Anlaß zu irgendeiner Kritik.
Während man über die hochpräzise gefertigten Tonarme von SME - ich habe derer vier - nichts sagen muß, sollten wir den RB 250 von Rega noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Jochen Räke versieht ihn mit einem bedämpften Gewicht aus Aluminium. Der Schwerpunkt liegt nun nahe dem Lager. Die Verlängerung des Armes, um das Gewicht aufzuschrauben, besteht jetzt ebenfalls aus Metall und läßt endlich eine genaue Justierung zu. Eigens für diesen Arm wurde auch eine praktisch zu handhabende und effektive Höhenverstellung gefertigt. Schließlich flog noch die alte Armverkabelung raus und wurde durch eine höherwertige ersetzt. Nur in diesem Zustand - und das betone ich ausdrücklich -, kann ich einen Rega-Tonarm akzeptieren. Jochen Räke hat ihm durch viele Maßnahmen geholfen, erwachsen zu werden. Im Urzustand rangiert für mich der RB 250 - aufgrund der nicht akzeptablen enormen Fertigungstoleranzen - auf der Ebene von Bastelprodukten. Diesbezüglich gehen sicherlich die Meinungen von High Endern auseinander und es ist auch letzlich eine Frage des Geldes: ich würde jedem Interessierten allerdings raten, etwas länger zu warten, um sich dann für einen SME zu entscheiden. Denn die seit Jahren positive Beurteilung des RB 250-Tonarmes (auch im eigenen Magazin) teile ich nicht.
Wer den Fat Bob S sein eigen nennt, hat mit dem analogen Thema abgeschlossen. Zumal sich das Laufwerk noch weiter aufrüsten läßt und in seiner größten Version schließlich zu den Topvertretern seiner Gilde zählt. Entsprechend aufwendig darf denn auch der Unterbau ausfallen. Schieferplatten eignen sich ebenso wie massive Vollholzplatten. Wer keine Kosten scheut und die ultimative Lösung sucht, bestellt sich eine Musikbase von Acapella. Doch dazwischen gibt aber es noch eine Reihe weiterer interessanter Möglichkeiten anderer Zubehörhersteller.Kommentar
Das hinten nur rauskommt, was man vorne reinsteckt, weiß nicht nur der berüchtigte Volksmund, sondern wie selbstverständlich auch jeder Audiophile. Was also Frontend nicht auf die Reihe bekommt, kann weder die nachgeschaltete Elektronik und erst recht nicht der Lautsprecher wieder hinbiegen. Ins Frontend zu investieren lohnt sich allemal. Der Fat Bob S ist der beste Beweis dafür, daß für analoge High-Tech-Produkte keine fünfstelligen Summen das familiäre Budget über Gebühr belasten müssen.
Mit Holzplatte auf dem berühmten Ikea-Tischchen zeigt der Fat Bob S erwartungsgemäß ein ganz eigenes Klangbild. Es stellt sich eine wohlige, mittenbetonte Wiedergabe ein. Die Höhen verengen dabei ein wenig, ohne angestrengt zu klingen. Merkwürdigerweise nimmt die Räumlichkeit kaum ab, Instrumente und Stimmen werden etwas fülliger und größer, bleiben aber als individuelle Körper erkennbar. Störend ist eigentlich mehr, daß Instrumente mit Tieftonbereichen wie ein Kontrabaß in Definition und Dynamik gebremst werden. In diesem Bereich verlangsamen sich die Griffe in die Saiten., die Töne verlieren an Substanz. Auf einem Beton-U-Block und der Base The Rest von Creaktiv Audio mache ich völlig andere Erfahrungen und schließlich mit der Acapella-Musikbase wieder eine andere, die bei nüchtener Betrachtung unglaublich übertrieben scheinen muß. So gehört mit dem SME 3500 und dem Goldring Elite II, hat es vielleicht mit selbsterfüllender Erwartung zu tun. Vielleicht ist es in meinem konkreten Fall ja auch klassische High-End-Pathologie. Nur bin ich jetzt davon überzeugt, nicht allein den Korpus des Kontrabasses spüren, das Gleiten der Griffhand sehen zu können, sondern darüber hinaus eine plastische Vorstellung von den Fingern des Musikers zu haben. Ich bemerke in dieser Konstellation auch, wo die Saiten angeschlagen werden. Das alles entzieht sich natürlich rationaler Erklärung. Als Fazit bleibt: massiver Unterbau für ein massives Laufwerk.
Der Fat Bob S präsentiert ein farbenprächtiges und überaus detailreiches Klangbild, verbunden mit einer verführerischen Geschmeidigkeit. Letzteres schreibe ich aber mehr dem Elite II zu. Hinzu kommt eine stoische Ruhe in der Abbildung. Sie ist sicherlich ein typisches Markenzeichen von Masselaufwerken. Das Wesentliche über die Klangeigenschaften des Fat Bobs S wäre somit gesagt. Wie er das macht, was er macht, bedarf eigentlich nicht der Erklärung, sondern vielmehr des Erlebens. Daher möchte ich eingehen auf die Facetten der Klangwelt, die diese Kombination ermöglicht. Das Klangbild ist weiträumig, dreidimensional plastisch und lebendig. Da ist nichts zu groß oder zu klein. Alles hat eine natürliche Größe. Das Gleiche gilt für innere und äußere Dynamik. Klänge sind ja Prozesse. Die dynamische Ordnung aus einer Vielzahl von Tönen entsteht, hält an und vergeht. Deshalb spüren wir Luft um die Instrumente und erleben Musik als bewegte Luft. Genau daß vermittelt der Fat Bob S. Trommeln breiten sich beispielsweise wie eine große Welle im Raum aus, während kleine Flöten wie flirrende Luftsäulen erscheinen. Die Artikulation von Stimmen ist bis in feinste Verästelungen durchgezeichnet.
Viel wichtiger scheint mir aber zu sein, daß ein Instrumentalist sich nicht vorwitzig in den Vordergrund drängt. Der Fat Bob S hält das musikalische Geschehen zusammen. Das, was er produziert, ist mehr als nur eine Synthese aus Musikalität und Analytik. Es ist etwas, daß ich viel lieber Integrität nennen möchte.
Im direkten Vergleich zwischen den beiden Tonarmen RB 250 und SME 3500 überzeugt letzterer mit folgenden Kriterien: Es ergibt sich eindeutig die bessere Durchhörbarkeit des musikalischen Geschehens, die Position der Musiker läßt sich klarer umreißen, die Dynamik kommt zur größeren Entfaltung. Dabei sei betont, daß ich einen superharten Maßstab zugrunde lege. Mit dem RB 250 fehlen in den Höhen feine Informationen. Der Ausgang eines Triangelkicks wird verkürzt, die Flöte wird nicht vollends frei. Kurzum: die Luftigkeit und Lösgelöstheit der Musik wird nicht mehr erreicht. Zieht man noch den großen Fat Bob heran, fällt auf, daß dieser immer dann, wenn Grundton und Baß, rhythmische Akzentuierung und Stabilität von unten her gefragt sind, zeigt, wo der eigentliche Hammer hängt. Mit dem RB 250 nehme ich Einbußen bei der Wiedergabe in Kauf, die vor allem am Übergang von den Mitten zu den Höhen beginnen und im Hochtonbereich voll zum Tragen kommen. Wer allerdings auf den letzten Schmelz in den Höhen verzichten, kleine Abstriche bei einem immer noch guten akzentuierten Baß machen kann, wem Debatten über ultimative Kabel übertrieben scheinen, der wird mit diesem Laufwerk, dem RB 250 und dem Goldring Eroica ohne Abstriche zufrieden sein.
Fazit: Wer sich auf dieses Lautwerk einläßt, erhält die Möglichkeit um den Preis des Probieren-Müssens. Das heißt: Quellenstudium zu betreiben, ist für Besitzer zwingend. Der Fat Bob S wird ein Klassiker, davon bin ich überzeugt. Laufwerk, Arm plus System kosten in der kleinsten erhältlichen Kombination 1.750 Euro. Ich glaube nicht, daß es in diesen Preisregionen irgendeine Kombination gibt, die mithalten kann. Wie viele absolut gesehen in den anderen Ausbaustufen mithalten können? Wahrscheinlich nur sehr wenige.MK
Produkt: Fat Bob S
Preis: in der kleinsten Ausbaustufe ab 1.750 Euro; gehörte Version mit neuer Riemenscheibe, inkl. Auflagegewicht, Lagerbearbeitung: 2.200 Euro
Hersteller:
Räke Hifi Vertrieb GmbH
Irlenfelderweg 43
51467 Bergisch Gladbach
Tel: 02202-31046
Fax: 36844
Email: transrotorhifi@aol.comgehört mit:
Analoge Laufwerke: Transrotor Eternita, Musica Nova Piano Forte, Transrotor Fat Bob, Pluto 12a;
Tonarme: SME V (2x), SME 3012R, SME 312, Pluto 5a Special, Pluto 2 A
Tonabnehmersysteme: v.d.H. Black Beauty, Transfiguration New Spirit, The Cartridge Man, Ortofon Rohmann, SPU-Royal, Clearaudio Victory H, Goldring Elite II, Flair von Phonosophie,
Übertrager: Ortofon SPU T 100
Vorverstärker: Burmester 808 MK V, Phonosophie Bi-Control 2 und Power Control 2
Phonostufe: Blue Amp Model 42, EAR 834 (3x), TE Audio Phono (Tessendorf/MC -Teflonausführung) und Filternetzteil (2x), integrierte Phonostufe 808 MKV Burmester, Phonsophie und Power Control 2
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono), Phonosophie Bi-Stage Twin 1/4;
Vollverstärker: Unison Research Simply 845 (Triode), Symphonic Line RG 14 (Version 2002);
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Guarneri Sonus Faber, Newtronics Gate aktiv, Bella Luna von CD-Konzertmöbel
Zubehör analog: Schablonen von Stadthaus, Clear Audio, Music Connection, KAB-Strobe, Pluto, Wasserwagen von Clearaudio, Ortofon und Präzisionswasserwaage, Outer Limit-Plattenring von Clearaudio, Entmagnetisierer von Audio Physic,Ring-Mat