HÖRERLEBNIS 43


Plattenspieler und Tonarm Series 7 von Simon Yorke

Sinn für Sinnlichkeit

von Marco Kolks

Wer an Schallplattenspieler und die britische Insel denkt, der verbindet analoge Kompetenz zuerst mit dem Namen Linn. Jahrzehnte diente der LP 12 als unumstößlicher Maßstab. Dann allerdings kam, was kommen mußte: Der englische Entwickler Simon Yorke rüttelte am Thron. Heftig und unüberhörbar. Er tut es bis heute und hat mit seinem S7-System eine mindestens ebenso ruhmreiche Legende auf den Markt gebracht.
Wer sich auf Dauer in der Spitzenklasse behaupten möchte, braucht gleichermaßen findige Ideen und erstklassiges Material. Alle Teile vom Series 7-Laufwerk und -Arm sind erstklassig, massiv und haben ihren Preis - den hat Qualität übrigens immer. Das eigentliche Laufwerk besteht aus Basis und Teller sowie externem Motor und einem passiven Umlenklager. Damit ist die Grundauslegung des Laufwerks solide konservativ, die Ausführung gerät insgesamt sehr aufwendig. Als Material verwendet Simon Yorke hauptsächlich nicht-magnetische Metalle. Eine Ausnahme bildet die Tonarmbasis. Hier vertraut der Ingenieur auf mehrschichtige, verleimte und mit Polyester überzogene Holzplatten. Derart präpariert sollen sie sich auch nach Jahren nicht verziehen können, denn bekanntermaßen arbeitet der Werkstoff Holz.

Der Wechselstrommotor ist eingebettet in ein sattes Stahlgehäuse. Um eine extrem lange Lebensdauer zu erzielen, wird er mit nur 90 Volt, statt der vorgesehenen 110 Volt Betriebsspannung, versorgt. Die Konstruktion sieht eine gleichmäßige Wärmeabfuhr vor. Ausgelegt ist der Motor, wie übrigens der ganze S7, für Dauerbetrieb. Richtig gelesen: Er soll laut deutschem Vertrieb seine Besitzer ohne Ausfall locker überleben können. Um Vibrationen des Antriebs gänzlich auszuschließen, kommt zwischen Motor und dem fast 12 Kilogramm schweren Teller ein passives Umlenklager zum Einsatz. Seine Umdrehungszahl ist deutlich höher als die des Motors, mit dem es über einen sehr kurzen Riemen verbunden ist. Die hervorragende Wirkungsweise ist nicht zu leugnen.
Teller und eigentliche Basis sind etwa gleich schwer. Dabei steht weniger die verwendete Materialmenge im Mittelpunkt der Überlegungen, als vielmehr das innere Verhältnis von Basis und Teller zueinander. Simon Yorke hat sich sehr intensiv mit Masseträgheit und Resonanzverhalten beschäftigt, hat bis zum Exzeß ausprobiert und ist ein glühender Verfechter des rechnerischen, goldenen Schnitts. Seine so gewonnenen Erkenntnisse sind in die Series 7 eingeflossen. Sicherlich auch, um ein analoges Denkmal zu kreieren.
Als Plattentellermaterial hat sich der englische Entwickler für Graphit entschieden. Das ist mir so bislang noch nicht untergekommen. Es scheint aber eine gelungene Lösung zu sein, denn versuchsweise genutzte Auflagen "verschlimmbesserten" alles nur. Meistens litt darunter die hervorragende Durchzeichnung, besonders die in den Höhen.
Der Tonarm, erhältlich als 9- oder 12-Zöller, ist ebenso bemerkenswert schlicht, schön und funktionell aufgebaut wie das Laufwerk. Er ist einpunktgelagert und liegt auf einer speziell gehärteten Stahlspitze auf. Das Armrohr besteht aus gezogenem Aluminium, ist aber innen mit einem dämpfenden Schaum ausgefüllt. So werden Resonanzprobleme wirkungsvoll umgangen. Bei der Innenverkabelung greift der Engländer auf eine versilberte und mit Teflon überzogene Kupferlitze zurück. Ob der Ausschäumung ist ein späterer Austausch gegen ein anderes Kabel nicht möglich. Als Headshell fungieren zwei kleine runde Scheibchen, ober- und unterhalb des Arms. Sie werden von zwei Schrauben gehalten. Durch einfaches Lösen können sie verschoben werden. Unterhalb der Tonarmbasis befindet sich eine Rändelschraube, über die die Höhe des Tonarms reguliert wird. Kein Ruckeln, kein Drücken, es geht ganz leicht von der Hand. Überhaupt sind Einstellen und Justieren beim Series 7-System ein Kinderspiel. Ich habe selten so viele perfekte Detaillösungen vorgefunden. Die Cinchanschlüsse münden in einem Winkel unterhalb des Holzboards. Sie können deshalb ohne großen Aufwand gegen symmetrische Pendants getauscht werden. Die Tonarmrändelschraube und den Anschlußwinkel findet man übrigens auch bei einem holländischen Plattenspielerhersteller. Wobei ich davon ausgehe, daß der ursprüngliche Ideengeber wohl Simon Yorke ist. Der Lift ist keine Eigenkonstruktion und wird zugekauft von Rega. Ich habe mit diesen Liften nicht die allerbeste Erfahrung gemacht. Sie senken sich oft von selbst ab. Natürlich kann man damit leben, wenn man darauf achtet. Für mich stellt das jedoch einen kleinen Schönheitsfehler dar. Über alles ist die Erscheinung des S 7 jedoch absolut stimmig und formvollendet. Daran gibt es für mich überhaupt nichts zu rütteln. Hinzu kommt eine geradezu atemberaubende Haptik.
Wie jedes andere Laufwerk auch, reagiert der S 7 sehr empfindlich auf sein Untergestell. Daß es sich um ein klangvolles Plätzchen handeln sollte, steht sicherlich außer Frage. Denn wie er an seine Umgebung angekoppelt wird, macht er mit entsprechend drastischen Klangveränderungen deutlich. Erste und meines Erachtens wichtigste Regel für all jene, die ein Optimum aus ihrem teuren Laufwerk rausholen wollen ist: Der Unterbau muß nach klanglichen Parametern ausgesucht werden! Sekundär sind Möblierungsbedürfnisse. Der deutsche Vertrieb liefert dazu ein schweres Stahlrack mit zwei Auflageplatten. Die untere ist aus Holz, darüber liegt eine dünne, für den Betrachter nicht sichtbare PVC-Matte, dann folgt eine schwere Schieferplatte. Ich habe vor Jahren einmal den Fehler begangen und meinte, aufgrund des höheren Gewichts sei Granit die bessere Alternative. Dieser sehr harte Stein kann, da die kristalline Struktur viel gleichmäßiger ausgerichtet als beim weichen Schiefer, Resonanzen nur schlecht ableiten und bringt im Endergebnis die Abbildung häufig zum unerwünschten "Kingeln". (Aber auch hier gilt: Granitart beachten. Zuweilen hat eine bestimmte Granitart porphyrische Strukturen und eine richtungslose massige Textur. Es gibt diesen Stein daher auch mit hoher innerer Dämpfung) Das ziemlich schwere und sehr verwindungssteif verstrebte Rohrgestell ist mit Sand gefüllt und steht auf Spikes. Nach meiner Erfahrung bieten sich reine, massive Holzbasen für diese Art von Laufwerk nicht an. Mit ihnen geht wahrscheinlich ein Verlust an Konturenschärfe im Baß, Explosivität und Dynamik einher. Wenngleich die obersten Höhen ein ganz klein wenig sanfter wegrollen. Es gibt sicherlich auch Hörer, die sich anders entscheiden als ich.
Als Abtaster höre ich mit dem Jan Allaerts MC 2 Finish. Der belgische MC-Tonabnehmer gilt als einer der besten seiner Bauart und bietet sich daher für die Series 7 an. Doch stellt er hohe Ansprüche an die nachfolgende Elektronik. So sollte die Phonostufe eine möglichst exakte Eingangsimpedanz von 845 Ohm aufweisen und über eine Verstärkung von wenigstens 60 Dezibel verfügen. Der Nadelträger besteht aus Boron, die Nadel selbst hat einen Gyger-S-Schliff und wurde zusätzlich noch poliert. Spule und Anschlußstifte sind aus Gold. Beim Magneten greift Jan Allaerts, der die Systeme auch selbst zusammenbaut, auf Neodymium zurück. Ebenso wie bei Simon Yorke können alle Systeme stets auf den neusten Stand gebracht werden, ein Service, der nicht zu verachten ist.
Überrascht hat mich Isenberg Audio mit einer hauseigenen röhrenbestückten Phonostufe, die schlichtweg überragend klingt. Ihre Produktion wurde leider eingestellt. Wohl deshalb, weil eines der großen Magazine vor einigen Jahren in einem Test eine "vernichtende" Kritik über sie schrieb. Für mich ist das nicht nachvollziehbar, zumal mir das damalige Vergleichgerät zur Zeit selbst zur Verfügung steht und ich ohne zu zögern der Isenberg-Phonostufe den Vorzug gebe. Ich kann nur an Isenberg Audio appellieren, die Bemühungen auf diesem Sektor wieder aufleben zu lassen. Es wäre äußerst schade, wenn dem Markt ein solches Gerät vorenthalten bliebe.
Der wohl größte klangliche Trumpf, den diese Kombination ausspielt, ist die große Stimmigkeit. Sie hinterläßt den Eindruck, daß sie einfach nichts falsch macht. Ich muß auch für den gesamten Frequenzbereich konzedieren, daß dieses Laufwerk in allen kardinalen Kriterien eben dadurch überzeugt, daß es alles gleich gut kann. Wie einfach hat man es da doch mit einem Plattenspieler mittlerer bis guter Qualität. Denn dort fällt es viel leichter zu schreiben, inwieweit er die grundlegenden Forderungen erfüllt. Auflösungsvermögen, Detailwiedergabe, Schattierungen in der Dynamik. In all diesen Bereichen wird das Gerät mehr oder minder gut abschneiden. Stärken und Schwächen sind zudem aussagekräftig. Dieses Verfahren versagt hier, weil ich ein echtes Spitzenprodukt vor mir habe. Selbst einem Erbsenzähler wird es schwerfallen, etwas Negatives zu finden. In diesen Fällen entstehen Berichte, in denen der Verfasser munter in seiner Plattensammlung wühlt und versucht, die Extreme zu finden, die von keiner Komponente dieser Welt beherrscht werden können. Also lege ich die Musik auf, lehne mich zurück und genieße. Dann ertappe ich mich beim Klopfen des Taktes oder beim Mitsummen. Es dauert auch eine Weile, bis ich merke, daß ich jene Platten auflege, auf denen gesungen wird (Eva Cassidy, "songbird", hotrecords G1-10045; Janis Ian, "breaking silence", Analogue Productions app027; Bill Henderson, "Live at times", Discovery Records/Jazz-Planet jp0779-12). Was fasziniert mich daran? Neben den analytisch zu beobachtenden Eigenschaften, der subtilen Wiedergabe winziger Details, der punktgenauen Ortung - daneben gibt es emotionale Qualität.
Ich möchte dazu einen Vergleich aus der Fotografie bemühen. Gut aufgenommene Bergseen, Flüsse, Wasserfälle wirken auf mich nie ganz echt. Ich weiß natürlich, es handelt sich um Wasser. Farben und Form entsprechen weitestgehend dem Original. Aber es fehlt das Fließende, die Strömung. Ganz ähnlich fühle ich bei der menschlichen Stimme. Keine Anlage, die ich gehört habe, hat sie bis jetzt wirklich authentisch wiedergegeben. Der S 7 schafft es allerdings, viel von der ursprünglichen Geschmeidigkeit in die Abbildung hineinzuprojezieren. Sie steht nicht nur frei im Raum, sie ist viel biegsamer ("song to a town" oder "to give you a song" auf Kari Bremnes, "Norwegian mood", Kirkelig Kulturverksted, ARSFXLP221). Der S 7 zeigt die beim Hören intuitiv spürbare Sinnlichkeit. Diese Erkenntnis bewegt. Selbst Uralt-Aufnahmen ("moonlight in vermont" und “can't we be friends" auf Ella und Louis, Verve MG V-4003) mag ich mit mehr Genuß hören. Es ist nicht einfach zu entscheiden, ob der S 7 als einer der wenigen echten anlogen Highlights es “richtiger” oder die anderen es “falscher” machen. Rein sachlich ist aber festzuhalten, daß beim S 7 selbst kleine Unterschiede deutlicher als bei vielen Konkurrenten akzentuiert werden. Mir scheint, seine Wiedergabe trifft besser das Wesen der Sache und die Spiel- und Singweise der verschiedenen Musiker.
Die Wiedergabe hängt in diesem Fall auch wesentlich vom Tonabnehmer ab. Ein Jan Allaerts, ebenfalls im Vertrieb von Isenberg Audio, klingt nun einmal ganz anders als ein van den Hul. So klingen mit ihm Blechblasinstrumente bei klassischen Platten (Mozart, Hornkonzerte 1&3, Decca SXL2238) zarter und softer. Ihnen fehlt im direkten Vergleich natürliche Aggressivität, denn diese wird abgemildert durch einen seidigen Hauch. Allerdings führt das nicht zu einer tonalen oder dynamischen Verzerrung. Denn sonst müßte man folgerichtig von einer Verschleierungstaktik sprechen. Auch bleibt die Luft in der Umgebung der Instrumente und die Räumlichkeit erhalten. Das natürliche Echo des Aufnahmeraumes verschwindet nicht, sondern wird detailverliebt nachgezeichnet. Ein Allegro verliert keinen Augenblick seine Ausdruckskraft. Ich halte diese Tonabnehmer-/Tonarm-/Laufwerkskombination daher für absolut geglückt. Ich habe den S 7 aber nur in meiner großen Kette, also über Burmesterkomponenten und Acapella-Lautsprecher gehört und bleibe Erfahrungen schuldig, inwieweit ein Wechsel der Kette sich auf die Klangqualität niederschlägt.
Charakter: Neutrale Komponenten beeindrucken nicht mit noch einem Gimmick und noch einem. Sie sind still und unauffällig im Klang. Als Mindestmaß zum Kennenlernen der 7er-Serie sollte man eine Woche, besser zwei anraten. Ich kenne andere Plattenspieler, die den Ort des musikalischen Geschehens weiter nach vorne rücken. Beim Series 7 von Simon Yorke verliert aber dadurch kein Instrument - beispielsweise in einem großen Orchester - seine dominante Rolle. Was diese komplette Kombination inklusive Tonabnehmer verspricht, ist streßfreie Freude an der Musik auf höchstem Niveau.
Fazit: Zu den unbestreitbaren und großen Vorzügen des Geräts gehört es, daß der Käufer erstklassige Mechanik erhält und dem nicht unerheblichen Preis ein vorzüglicher technischer Gegenwert gegenübersteht. Wer die Series 7 besitzt, nennt einen der weltbesten Plattenspieler sein eigen.

MK

Das Produkt:
Simon York Designs S7-S9
Preis: 12.990 Euro
Tonabnehmer: Jan Allaerts MC 2 Finisch
Preis: 4.500 Euro
Vertrieb:
Isenberg Audio
Postfach 130384
20146 Hamburg
Tel: 040-447037
Fax: 040-447080
Mobil: 0172-4040407
Internet: www.isenbergaudio.de

gehört mit:
Analoge Laufwerke:
Transrotor Eternita, Musica Nova Piano Forte, Transrotor Fat Bob, Pluto 12a;
Tonarme: SME V (2x), SME 3012R, SME 312, Pluto 5a Special, Pluto 2 A
Tonabnehmersysteme: v.d.H. Black Beauty, Transfiguration New Spirit, The Cartridge Man, Scheu-Benz (mit Silberspulen), Ortofon Rohmann, SPU-Royal, Clearaudio Victory H, Goldring Elite II;
Übertrager: Ortofon SPU T 100
Vorverstärker: Burmester 808 MK V, Beck RV, Tessendorf TE1(Filternetzteil); Phonosophie Bi-Control 2
Phonostufe: Blue Amp Model 42, EAR 834 (3x), TE Audio Phono (Tessendorf/MC -Teflonausführung) und Filternetzteil (2x), Transrotor-Phonostufe, integrierte Phonostufe 808 MKV Burmester
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono), Beck RE1; Phonosophie Bi-Stage Twin 1/4
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Guarneri Sonus Faber, Newtronics Skate und Gate, Gate aktiv, Bella Luna von CD-Konzertmöbel, Consequence Audio Pavane;
Kabel (NF/LS/Netz): Acapella (Silber), Bastanis Epilog, Dolphin Black, Sun-Wire, HMS-Gran Finale, Flatline SPM-Reference, HMS-Phonokabel, Ortofon 5000er Reinsilber-Phonokabel, Phonokabel von SAC, Phonokabel Sun-Wire, Phonokabel van den Hul, Aural Symphonics (Digital), Voodoo von Dope Sounds, Elon III, Bülow, XLO-Netzkabel, Netzkabel Schäfer und Rompf, Voodoo Netzkabel-(Prototyp), Netzkabel von Burmester und Phonosophie, WBT-Kabelschuhe,
Netzsteckerleisten: Beck Elektroakustik, Phonosophie, XLO, Sun;
Zubehör Stromversorgung: Burmester Powerconditioner, Netzkabeladapter von Hans-Ulrich Rahe (Prototyp);
Zubehör Basen: Copulare Tonbasen, Acapella-Musikbasen (auch für Lautsprecher), Big Block und Speed Block von Acapella, Acapella-Pucks (Prototypen), SSC, Racks von Audio Magic, Sound Dynamics Foculpods, Ducal-Kabelträger von Copulare, Kabelträger von Audio Magic, PS-Base von Fisch Audio, VPI-Magic-Bricks, Räke Pucks, ART-Graphitpucks, Tonbase Plattenspieler (Eternita) von Realite, Shun Mook, Shaktis, Enacoms, Pucks Millennium Audio;
Zubehör analog: Schablonen von Stadthaus, Clear Audio, AAA, Music Connection, Linn, KAB-Strobe, Pluto, Wasserwagen von Clearaudio, Ortofon und Präzisionswasserwaage, Outer Limit-Plattenring von Clearaudio, Entmagnetisierer von Audio Physi,Ring-Mat, Plattenspielerauflage von Audio Consequent;
Reinigungsmittel: Audiotop (Acapella), Last, LP-Waschmaschine von Sota