HÖRERLEBNIS 42
Lautsprecher: System K von Ascendo
Saubere Sache
von Marco Kolks
Im Lautsprecherbau führen viele Weg nach Rom. Doch kaum ein Hersteller geht seinen Weg so konsequent wie Ascendo. Das in Stuttgart ansässige Unternehmen hat sich ganz offensichtlich dem Perfektionismus verschrieben. Eindrucksvoll demonstrieren die vier Lautsprechersysteme Z, M, K und E, was sich die drei Vordenker Stefan Köpf, Jürgen Scheuring und Norbert Heinz unter naturgetreuer Wiedergabe vorstellen. Doch das Wissen der schwäbischen Entwickler reicht noch viel weiter. Denn neben der Produktion von Schallwandlern sind sie auch Spezialisten für digitale Raumakustikprozessoren und -elemente, Software für Raumakustikanalyse sowie die Spezialentwicklung von Meßtechnikkomponenten. Das hohe Niveau attestierte ihnen schließlich auch das Bundesforschungsministerium, indem es die innovative Arbeit des jungen Unternehmens staatlich förderte.
Ich habe selten einen Schallwandler gesehen, der mich optisch mehr angesprochen hat, als das System K, wenngleich es mit Sicherheit Stimmen geben wird, die ihm einen "martialischen" Charakter zuweisen. Das System K ist ein Standlautsprecher, bestehend aus zwei Gehäusen und einem ziemlich "heftigen" Metallständer aus V2A-Stahl. Im Hochtonmodul arbeitet eine 28 mm-Textilkalotte im Gegensatz zu den beiden nächstgrößeren LS-Modellen, die über ein Bändchensystem verfügen. Von außen sichtbar ist beim Tief-/Mitteltongehäuse nur das 17 cm-Chassis mit Kevlar-Membran. Es wird im Innern unterstützt durch einen semisymmetrischen Bandpaßtreiber. Das ist auch der Grund für die kreisrunde Baßreflexöffnung auf der Front.
Das schwere Tief-/Mitteltonmodul wird an drei Punkten in den Ständer eingehängt, was eine optimale Entkoppelung garantiert. Die massive Hochtoneinheit ist verschraubt mit einem Stahlzylinder, der in die obere Halterung des Ständers mündet. Über zwei leicht arretierbare Rändelschrauben kann nach Belieben die Position des Hochtöners verstellt werden, um eine zeitrichtige Schallabstrahlung aller Systeme auf den jeweiligem Hörplatz zu ermöglichen. Denn leichte Hochtonkalotten reagieren auf einen Impuls schneller, als die wesentlich schwereren und damit zwangsläufig langsameren Tiefton- und Mitteltonsysteme. Diese Technik nennt Ascendo "Time-Alignment". Von der aufwendigen mechanischen und elektrischen Entkoppelung der einzelnen Chassis verspricht sich Norbert Heinz eine deutlich bessere Transparenz und Detailauflösung. Mikrofonieeffekte würden auf diese Weise minimiert und auch das Intermodulationsverhalten falle günstiger aus.
Das Gehäusefinish in schwarzem Klavierlack wirkt überaus edel. Alternativ können Kunden aber auch alle RAL-Farben in matt, glanz oder metallic wählen. Selbst Furniere sind möglich. Auf Wunsch wird der Ständer verchromt. Das Gewicht von rund 100 kg je Einheit und die Gesamthöhe von knapp 150 cm (Tiefe 60 cm, Breite 40 cm) erfordert allerdings nicht unbeträchtlichen Kraftaufwand beim Aufbau sowie reichlich Platz bei der Aufstellung.
In der Zusammenarbeit mit Verstärkern zeigt sich das System K trotz eines nur mittelmäßigen Wirkungsgrad von 86 dB ziemlich pflegeleicht. Ebenso bereitet die Impedanz von nur 5 Ohm meinem Unison Research-Triodenvollverstärker 845 im alltäglichen Betrieb keine Probleme. Außerdem erlauben kleine Kipphebel auf der Rückseite der beiden Module zwischen den Stellungen VD-N und VD-H eine Anpassung des Systems an die Charakteristik der vorgeschalteten Elektronik. Wie viel Potential hinsichtlich erreichbarer Maximalpegel tatsächlich in dieser Box steckt, habe ich in der Bi-Amping-Ansteuerung mit einer Vor-/Endverstärkerkombination von Phonosophie erfahren können. Da wackelt die Bude ganz anständig. Wer nicht auf zwei Endstufen zurückgreifen kann, sollte aus klanglichen Gründen bei diesem Lautsprecher nicht auf das Bi-Wiring verzichten.
Kommentar
Der immerwährende Eindruck, der mich für das System K eingenommen hat, ist seine große Stimmigkeit. Da gibt es einfach nichts zu meckern. Stattdessen verspüre ich ständig diese Lust, mich zurückzulehnen, die Musik zu genießen und die Lautsprecherfrage ad acta zu legen. Es bedarf einiger Anstrengungen, um mir bewußt zu machen, wie dieser Eindruck zustande kommt. Da ist diese dynamische Lebendigkeit. Es spielt scheinbar keine Rolle ob Rock, Jazz, Solosänger oder Streichquartett, gefolgt von großen orchestralen Besetzungen, auf dem Programm stehen: Das System K zeigt sich überhaupt nicht beeindruckt von dem extrem unterschiedlichen Musikmaterial. Die Wandler verarbeiten alles, was und vor allem wie es ihnen vorgesetzt wird. Dabei zeigen sie sehr deutlich den klanglichen Charakter der vorgeschalteten Komponenten auf. Details, Nuancenreichtum, individuelle Timbrierung und harmonische Geschlossenheit: alles ist auf diese schwer zu beschreibende aber gehörmäßig doch eindeutig wahrnehmbare Art geradezu perfekt ausgeglichen.
Könnte es nun sein, daß es vielleicht am oberen und unteren Ende des Frequenzspektrums nicht doch Einschränkungen gibt? Die Suche danach war langwierig und letztlich erfolglos. Das schließt aber nicht aus, daß auf singulären Gebieten nicht ein anderer Lautsprecher noch etwas mehr kann. Es schließt auch nicht aus, daß eine weitere Steigerung über dieses Niveau hinaus denkbar scheint. So meine ich aus der Erinnerung heraus sagen zu können, daß das System Z mit dem Bändchenhochtöner etwas luftiger spielt und auch im Tieftonbereich mit noch mehr Dynamik glänzt.
Jazzfans wird das, was ich meine, vielleicht schneller zugänglich sein: Musiker spielen im allgemeinen im Takt. Wie sie das tun, macht dann aber einen bedeutsamen Unterschied, nicht zuletzt im Empfinden des Hörers. Wenn der Schlagzeuger wie in "Samba with some Barbecue" (Paul Desmond, "Summertime", A&M SP 3015) eine Winzigkeit nach vorn versetzt spielt, macht er "drive". Gleiches trifft auf die Bläser zu. Folgen ihnen die anderen nicht, entsteht der Eindruck, sie ließen sich ziehen. Der Gitarrist zupft in "Olvidar" endlich "in time". Oft gehörte Stücke bekommen dadurch die ihnen eigene rhythmische Grundstruktur. Akzentuierungen, hier besonders auffällig beim Pianisten Herbie Hancock, bewußt federnd oder schleppend gespielt, treten schon fast plastisch hervor. Das trifft ebenfalls auf das Alt-Saxophon im Beatles-Klassiker "ob-la-di, ob-la-da" oder in "someday my prince will come" zu.
Naturgemäß sind die Grenzen des Mediums High Fidelity bei symphonischer Musik enger gesetzt. (Respighi; Lorin Maazel/Cleveland Orchestra; Decca 6822). Ich kenne zur Zeit wirklich keinen Lautsprecher am Markt, der authentische Glaubwürdigkeit vermitteln kann. Dazu zählt auch das System K - wenngleich ich ihm ein erstaunliches Niveau bescheinigen möchte. Im mittleren und unteren Baßbereich fehlt mir jedoch eine Nuance "Schwärze" und etwas von jener Faszination, die ein Originalorchester erzeugt.
Übliche Kriterien wie Durchhörbarkeit, allgemeine Balance sowie räumliche Abbildung, grobe und feine Dynamik brauchen nicht besonders erwähnt zu werden. Alle Erwartungen, die man an ein Spitzenlautsprecher dieser hohen Preisklasse stellen darf, erfüllt das System K. Unstreitig gehört es zu den großen Lautsprechern. Die ewige Frage, ob nicht noch ein bißchen mehr machbar ist, bleibt offen - wie bei allen anderen Geräten auch. Das darf einem aber nicht die Freude an der Musik und schon gar nicht am System K verderben.
Wichtig scheint mir, auf die Neutralität bei der Wiedergabe einzugehen. Sie erwartet ein jeder: Profis wie Hifi-Freunde. Jeder Lautsprecher verfärbt auf seine Weise die Audiosignale und setzt sie nicht im Verhältnis 1:1 um. Ich halte allerdings in diesem Punkt die Beeinflussungen durch das System K für eher gering. Was nämlich nicht vorhanden ist, sind in irgendeiner Weise störende Lautsprechereigenschaften. So ist das System K nicht auffällig, hat nichts spontan Begeisterndes. Es erscheint vielmehr vornehm zurückhaltend. Insofern bedient dieser Lautsprecher nicht die Klientel, die einen Klang bevorzugt, der sich im wesentlichen aus den Mitten heraus aufbaut, wie es bei einigen Breitbandchassis-Konstruktionen der Fall ist. Dennoch gibt es üppige Klangfarben, Wärme und ob der Größe auch Volumen.
Die Wiedergabe kann mit zurückhaltendem, tendenziell kühl klingenden vorgeschaltetem Equipment ins "Kühle" kippen. Meine persönliche Vorliebe beim System K gilt dem Zusammenspiel mit dem Trioden- Vollverstärker 845 von Unison Research. Hier finde ich gleichzeitig wunderschöne Homogenität und differenzierende Dynamik, habe auch einen kontrollierten Grundtonbereich, an den sich freie und lebendig klingende Mitten anschließen. Abstriche mache ich "verstärkerbedingt" dann gerne bei den tieferen Frequenzen, die nicht ganz so kraft- und druckvoll sowie konturiert klingen wie beispielsweise mit leistungsstarker Transistorelektronik vom Schlage Phonosophie. Egal in welchen Konfigurationen ich gehört habe: klanglich ist die Wiedergabe stets eine ganz saubere Sache.
Das Fazit fällt deshalb begeisternd und kurz aus: Das System K kann - richtig betrieben - unter Anlegung jeden Maßstabs beeindrucken.MK
Produkt: System K (Drei-Wege-Lautsprecher)
Preis:13.800 Euro
Maße (B/H/T): 40, 128,5, 60cm
Gewicht: 105 kg
Belastbarkeit: 500 Watt
Impedanz: 5 Ohm
Empfindlichkeit: 86 dB/m
Hersteller: Ascendo
Hölderlinweg 6
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