HÖRERLEBNIS 41


CD-Player NAD C 541 i

Die Ferne zeigt das Glas Dir nah ....

von Theodor Auer

Welch grandioser, atemberaubender Anblick! Herolden gleich erscheinen Io, Kallisto, zuweilen auch Ganymed. Von Strahlenglanz umgeben dann seine Majestät, der Jupiter. Selbst ein kühler, der chemischen Zusammensetzung des gigantischen Gasplaneten kundiger Betrachter ist überwältigt, erblickt er dieses, eigentlich alltägliche, Schauspiel zum erstenmal durch ein Spiegelteleskop.
Benötigt der nicht wissenschaftlich arbeitende Betrachter ein, ohnehin unbezahlbares, Teleskop mit ganzen 10 Metern Spiegeldurchmesser? Würde seine ehrfurchtsgebietende Bewunderung größer werden, erblickte er feinste Details der Turbulenzen in den obersten Schichten dieses Riesenplaneten? Im Gegenteil: Vieles wäre vielleicht entzaubert! Der Blick auf die Gesamtheit, das majestätische Sein an sich wäre verloren. Ein preisgünstiges Teleskop verzaubert hier den Beobachter sicher mehr als ein großes, der Wissenschaft vorbehaltenes Gerät.
Sieht es mit unserem High-End-Gerätepark wirklich viel anders aus? Bringt das teuersten vom Teueren mit detailverliebter Auflösung des Klanggeschehens tatsächlich mehr Hörgenuß? Mitunter durchaus. Jedoch nur dann, wenn die Gesamtheit des musikalischen Geschehens - also das harmonische Zusammenspiel aller Instrumente, ihr Dialog mit den menschlichen Stimmen - vor lauter akribischer Analytik nicht verloren geht.
Der NAD-CD-Spieler C 541 i bietet einen Blick auf die Gesamtheit des musikalischen Geschehens, wie ich ihn selten erleben durfte. Celibidache, der große Meister der Münchener Philharmoniker, der, in für die Musiker durchaus nervenaufreibender Pedanterie, feinste Klangstrukturen, gerade in Bruckner-Sinfonien, hörbar machte, legte größten Wert darauf, unter keinen Umständen die Gesamtheit des Satzes, ja des ganzen Werkes aus den Augen zu verlieren. Auch die kleinste Passage eines Soloinstumentes mußte in Konsens zum Orchester und damit des Werkes stehen. Was eignet sich besser um die Fähigkeiten eines Gerätes in puncto "Ganzheit" der Wiedergabe des musikalischen Geschehens zu beurteilen als Bruckners 4. Sinfonie? Und tatsächlich: Wie großartig sind mit dem NAD C 541 i die himmelsstürmenden Akkorde in der Durchführung und Reprise des ersten Satzes mitzuverfolgen. Feinste Flötenstimmen, Waldvögel nachahmend, korrespondieren bruchlos mit den Jagdhörnern im zweiten Satz. Alles gehört zusammen! Nicht auf einer Seite die Flöten und auf der anderen, unabhängig davon, die Hörner, dazwischen die Streicher, so als ob jede Gruppe für sich spielen würde. Wie viele Geräte machen diesen Fehler! Die Stimmigkeit des NAD-Spielers bringt sie zusammen, die Hörner, die Streicher, die Flöten, die Bässe. Sie verschmelzen zur musikalischen Einheit.
Das darf nun nicht mißverstanden werden: Der NAD C 541 i produziert nicht etwa musikalischen Einheitsbrei! Verschmelzen zu musikalischer Einheit bedeutet: Die Aussagekraft, der logische Zusammenhang der Instrumente und Instrumentengruppen wird nicht ge-und damit zerstört durch ein eigenmächtiges Hervorheben bestimmter, bei digitalen Geräten meist hoher, Tonlagen. Wie stört den Werkgenuß oftmals das penetrante Gepfeife der Flötengruppe, wenn sie, wie künstlich aufgesetzt auf der sonoren Grundlage der Streicher, einsetzen. So etwas wollten weder der Komponist noch der Dirigent.
Wie schnell macht man da die Schuldigen aus: Die Flötisten, die sich in den Vordergrund lauthals pfeifen und der Dirigent, der, offenbar stocktaub, dies nicht hört. Wie wäre es, mal den wahren Schuldigen zu benennen: In den meisten Fällen den CD-Spieler! Hörte man beim letzten Live-Musikerlebnis nicht deutlich, wie harmonisch sich die Flötengruppe in das Gesamtmusikgeschehen einfügte? Sollte dies die CD vielleicht nicht reproduzieren können? Mitnichten! Natürlich kann sie es. Aber das Abspiel-Equipment, sprich der CD-Spieler, muß mitmachen. Genau das ist es, was der NAD C 541 i großartig beherrscht. Was zusammengehört, im musikalischem Fluß mitschwimmen, nicht hervorstechen, sondern sich einfügen soll, das zerstört der NAD nicht durch eine Bevorzugung bestimmter Tonhöhen.
Frauen kreischen gern - vor allem, wenn man sie ärgert. Eine Sopranstimme sollte das eigentlich nicht tun, weder bei lyrischen Arien noch bei Koloraturen. Wie nervtötend kann da manch digitale als auch analoge Wiedergabe der berühmten Arie der "Königin der Nacht" in Mozarts Zauberflöte sein. Die Sopranistin ist bestimmt nicht schuld, die hat mit Sicherheit ihr Fach gelernt. Von manchen High-End-Gerätebauern kann man dies leider weniger behaupten..
Hier hebt sich der NAD-Spieler wohltuend von schlecht gemachten Konkurrenten ab. Die Sopranistin singt, weder schreit sie noch kreischt sie hysterisch. In der Bühnentiefe steht sie etwas nach hinten versetzt. Bei wesentlich teureren Geräten habe ich die Sängerin auf derselben Aufnahme auch schon weiter vorne, also präsenter, gehört. Aber was soll die Erbsenzählerei. Die Wiedergabe ist hochmusikalisch, die Koloraturen sauber gegeneinander abgegrenzt, absolut klar, eben einer großen Sängerin, in diesem Falle Lucia Popp in der Klemperer-Aufnahme, angemessen. Auch im Hinblick auf die anderen Stimmen im Opergeschehen und die Chöre läßt der NAD keine Wünsche offen. Das Bühnengeschehen läßt sich nicht nur nachvollziehen, es läßt sich miterleben.
Bei einem Klavier-Solo steht der Flügel nicht direkt an der Bühnenrampe, wie manche Aufnahmen es dem Hörer vorgaukeln möchten. Der NAD C 541 i versetzt ihn etwas zurück. Das ist auch gut so, der Pianist soll ja nicht in den Orchestergraben stürzen, wenn er sich erhebt. Mir jedenfalls gefällt diese Geräteabstimmung, bei der das Klangeschehen nicht schon zentimetergenau an der Lautsprecherfront beginnt, sondern etwas Raum nach hinten läßt, besser. Wer das nicht mag, den tröstet der NAD mit vollendetem Klangfluß und einer feinen, harmonischen Abstimmung. Über diesen winzigen Kritikpunkt komme ich meinerseits jedenfalls problemlos hinweg. Daß der Flügel nicht ganz so groß wie bei Geräten im fünfstelligen pekuniären Bereich erscheint, hängt mit dieser leichten, diskreten Rückversetzung des Klanggeschehens zusammen, wirkt sich jedoch keinsfalls irgendwie störend aus. Wann sitzt man schon direkt neben dem Pianisten auf der Bühne?
Wie sieht denn nun, nach all dem Musikhören (dazu dient es ja schließlich), das Gerät eigentlich aus? Kurzgefaßt: Durchaus elegant, passend zu den anderen Geräten dieser NAD-Reihe. Es soll absolut keine Kritik am Designer sein, aber - nun ja, ich habe schon schöner verpackte Technik gesehen.
Der Kostenpunkt des NAD C 541 i: Da haut es einen vom Hocker. Der Grund ist aber nicht, wie in High-End-Kreisen oft der Fall, ein exorbitant überhöhter Preis, sondern das glatte Gegenteil: Ganze 550 Euro kostet der NAD! Wieviel ist der NAD C 541 i tatsächlich klanglich wert? ... Pst, nicht weitersagen, schon gar nicht dem Vertrieb: Gut und gern das mehrfache. Wirklich ein Geheimtip! Kann bei diesem Preis auch noch eine vergoldete Front oder ein diamantenbesetzter Einschaltknopf erwartet werden? Wohl kaum...
Die technischen Daten seien da abschließend nur noch am Rande erwähnt: 24 bit sigma-delta Wandlung mit 8-fach Oversampling, ein Dynamikumfang von 98 dB, der Signal-Rauschabstand liegt bei 108 dB. Gegenüber dem Vorgänger-Modell wurden klanglich optimierte Kondensatoren eingesetzt, ein optischer Digitalausgang ist vorhanden.
Fazit: Wie das am Anfang erwähnte preisgünstige Spiegelteleskop ein faszinierendes kosmisches Erlebnis bietet, so offenbart der NAD C 541 i ein ebenso überwältigendes Musikerlebnis.

TA

Das Gerät:
CD-Player NAD C 541 i
Abmessungen (B x H x T): 43,5cm x 7cm x 28,5cm
Gewicht 4,1 kg
Preis: 550,- Euro
Vertrieb: Dynaudio Vertriebs GmbH
Postfach 118 21224
Rosengarten
Tel.:04108/4180 0
Fax: 04108 - 418010
Email: nad@dynaudio.com
Internet: http://www.nad.de

gehört mit:
Lautsprecher: Martin Logan Sequel II, Elektrostat-Hybrid
Vorverstärker: Jadis JA 30 (Röhre)
Enstufen: Jadis JP 30 (Röhre)
D/A - Wandler: Jadis JS 1
Kabel: Cinch und Lautsprecher: Reinsilber
Basen: Sicomin