HÖRERLEBNIS 39
Firmenportrait: Audio Agile
Björn Langlie: “Ich bin zu jedem Dialog bereit”
von Marco Kolks
Björn Langlie ist ein Mann mit Visionen. Er denkt in klaren Strukturen und handelt konsequent. Er ist freundlich, höflich und hat das, was man Geschäftssinn nennt. "Ich will, daß Audio Agile eine Marke wird", formuliert Björn Langlie sein wichtigstes Ziel. Dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Kaum ein Ort eignet sich dafür besser als Amönau. Das kleine, idyllische Dorf liegt unweit von Marburg im tiefsten Hessen. Der liebevoll restaurierte Wehrturm in der Ortsmitte, der heute als Kirche dient, zieht unweigerlich die Blicke eines jeden Besuchers auf sich. Direkt daneben steht ein im Jahre 1615 erbautes märchenhaftes Gebäude, das sogar im Rapunzelmärchen der Gebrüder Grimm, die in Marburg und Kassel studiert haben sollen, als der Turm der gefangenen Rapunzel illustriert wurde. Um dorthin zu gelangen, muß man eine Brücke überqueren. Linkerhand vereinen sich zwei Bäche- einer davon die Asphe - zu "irgendwas", erklärt mir Ines Langlie mit einem charmanten Lächeln und einem eleganten weiblichen Handschlenker. Sie, die bessere Hälfte von Björn Langlie, hilft seit Jahren tatkräftig im Unternehmen mit. Zur Zeit hat sie diesbezüglich ihr Engagement zurückgefahren und widmet sich dafür umso intensiver dem neuen Stammhalter Lars.
Der Blue Moon-Plattenspieler: Audio Agile bietet zu seinen verschiedenen Ketten auch analoges Equipment an.
Die Wahl auf Amönau als Firmensitz und Privatdomizil fiel nicht zufällig. Björn Langlie, der selbst in Marburg studierte, das Umland sehr wohl kannte und den es seit jeher auf's Land zog, kaufte hier in den Neunzigern ein völlig verfallenes Gehöft und baute es mit Liebe zum Detail wieder auf. Die ehemaligen Stallungen dienen der Familie heute als Wohnhaus. Die alte Tenne ist der neue Showroom für Händler und für Produktpräsentationen, großzügig bemessen in Grundfläche und Deckenhöhe. In der Etage darüber befindet sich der Bürotrakt. Da Amönau etwas abseits vom Mainstream liegt, haben Besucher die Möglichkeit, in der gemütlichen Gästewohnung unterm Dach zu übernachten. Björn Langlie hat an alles gedacht. Kurzum: Das Stammhaus von Audio Agile ist ein echtes Schmuckstück.
Mit dem Zwei-Wege-Lautsprecher step Speaker Compact hat Björn Langlie ein Produkt geschaffen, das - trotz einer Gehäusegröße von nur 6 Litern - erstaunliche 65 Hz extrem trocken reproduzieren kann. Exzellente Verarbeitung "made in Germany", ausgesuchte Bauteile und eine sorgfältige klangliche Abstimmung bei moderatem Preis machen Mitbewerbern in diesem Genre das Leben schwer.
Nur ein paar Meter entfernt liegen die Gebäude einer ehemaligen Schreinerei. Sie dienen heute als Fertigungsstätte für die insgesamt sechs Mitarbeiter der Firma. Meistens sitzt der Chef im von der Halle getrennten, ehemaligen Meisterbüdchen, das durch ein Fenster den Blick auf die Produktion freigibt. "Die obere Etage ist noch ausbaubar", meint Björn Langlie. Wenn er so erzählt, werden seine Träume auch für den Zuhörer lebendig: Ja, hier auf mehreren hundert Quadratmetern könnten tatsächlich einmal 30 bis 40 Menschen einen Arbeitsplatz finden.
Die Joker-Kette ist der preiswerteste Einstieg in die Welt von Audio Agile. Björn Langlie hat konsequent sein Konzept von einerseits preiswerten, andererseits aber klanglich hochwertigen Produkten umgesetzt. Natürlich hat bei Audio Agile alles einmal klein angefangen. "Was ich aber nie wollte, ist so eine Wohnzimmergeschichte", winkt Björn Langlie entschieden ab. Er möchte der Branche beweisen, daß überschaubare Preise hohen Aufwand nicht ausschließen und man trotzdem echtes High End anbieten kann. Allerdings zählt der Preis nicht allein. "Wenn wir antreten, müssen wir uns mit jedem anderen Produkt messen können. Die Entscheidung fällt nur auf uns, wenn wir besser sind", weiß Björn Langlie, der auch die wenig glamourösen Seiten des hart umkämpften Markts gut kennt. Deshalb vertraut er auf das bewährte Gütesiegel "Handmade in Germany" in Kombination mit Life-Style-Design. "Reduktion auf das Wesentliche" heißt eine seiner Maximen. Sichtbar wird sie vor allem in den hauseigenen Möbeln, in denen und auf denen Audio-Agile-Geräte ihren Platz finden sollten. Ihre Form ist bestimmt durch jene klare Linienführung, die so vieles aus dem Haus Langlie kennzeichnet. Ob er das gesamte Design verantworte, will ich wissen. "Ja, das ist meine Aufgabe", lautet ein knappes Statement. Und dann läßt mich Björn Langlie noch wissen, Design sei einfach "Geschmack". Er sagt das in einem ruhigen Ton, ganz nebenbei. Das hat nichts Arrogantes, sondern hört sich eher an wie die Lebensweisheit eines ehrfahrenen Mannes. Dabei geht Björn Langlie erst auf die 40 zu. Er ist sich im klaren darüber, daß sich bei Designfragen die Geister streiten. Seine Überlegungen drehen sich im wesentlichen um Funktionalität, Sachlichkeit und Wiedererkennungswert. Oft ergibt sich für ihn die Optik durch technische Notwendigkeiten. Da geht es zum Beispiel darum, möglichst kurze Wege einzuhalten. Dann sei man nicht mehr so frei in der Wahl, wohin der Lautstärkeregler komme, demonstriert er - für jeden leicht nachvollziehbar - am aufgeschraubten Verstärker.
Der hohe Materialaufwand schlägt sich zwangsläufig in einer "satten" Haptik nieder. Audio Agile verwendet für seine Gehäuse der Gerätelinien Joker und Step Stahlblech in einer Stärke von 1,5 mm. Das ist das Doppelte von dem, was viele Mitbewerber in diesen Preisklassen anbieten. Verbunden mit einem für das kleine Unternehmen typisch hohen Konstruktionsaufwand dient es der Unterdrückung von Resonanzen und hat damit in erster Linie technische und weniger verkaufspsychologische Gründe. Böse Zungen sagen dieses ja einigen amerikanischen Herstellern nach. Deshalb haben Produkte, die größten Teils aus Plastik bestehen, keinen Platz in der Firmenphilosophie von Audio Agile. "Da gibt es Standards, die sind unumstößlich festgeschrieben", läßt mich der Firmeninhaber wissen.
Das Stammhaus von Audio Agile: den einst verfallenen Bauernhof hat Björn Langlie sorgsam restauriert. Unten befindet sich der Showroom, in der ersten Etage die Firmenbüros und unterm Dach ist für Gäste eine kleine Wohnung eingerichtet worden.
Wenn es um Technik geht, zeigt Björn Langlie dann alles oder gibt er sich als Geheimniskrämer? Nein, damit habe er keine Probleme, so der audio agile-Chef: "Bei uns gibt es keine Geheimnisse. Wir hantieren auch nicht mit irgendwelchen Modifizierungen. Wir legen alles offen." Genauso offen geht Björn Langlie auf seinen Präsentationen mit seinen Zuhörern um. Wer einmal auf der High End eine Vorführung mit ihm erlebt hat, wird sie so schnell nicht mehr vergessen. Das ist ein rundum gelungener Vortrag, wo ganz bewußt die Grenzen der aufgebauten Systeme gezeigt werden. Was allerdings keinen negativen Beigeschmack bekommt. Denn die Ketten können so viel, daß künftige Besitzer mit ihrer Musik in diese Extrembereiche wohl kaum vordringen werden.
"Qualität" bedeutet bei Audio Agile, nichts dem Zufall zu überlassen. Jede Schaltung und jeder Arbeitsvorgang sind genau dokumentiert. Bevor ein Gerät schließlich die Produktion verläßt, ist jedes noch so kleine Detail geprüft.
Auf rechnergestützte Hilfe kann man bei Audio Agile nicht mehr verzichten. Obgleich Björn Langlie sofort einräumt, daß sich in den letzten Jahren mit Ausnahme der Digitaltechnik in der High-End-Brance klanglich nicht "so wahnsinnig viel" bewegt hat. "Mit derartigen Meßverfahren erfassen wir lediglich wichtige technische Parameter", erklärt er, "denn ein Computer kann keine Musik bestimmen." Deshalb erfolgt die abschließende Abstimmung stets über das Gehör. Gewisse Unterschiede bei Bauteilen ließen sich meßtechnisch so gut wie nicht mehr erfassen. Dennoch seien sie hörbar", meint der studierte Psychologe. Zwar seien über einen Rechner Werte von 0,1 dB meßbar, seien sie deshalb in jedem Fall und im vollen Umfang auch interpretierbar?
Die Feinabstimmung ist oft mühsam. Gleichwohl ist sie für den frischen Familienvater reizvoll. Da sei der Kick, die 100 Prozent Klang erreichen zu wollen, gibt er zu. Das Funkeln in seinen Augen verrät ihn als Audiophilen. Man dürfe nur nicht aufgeben und den Fehler begehen, sich nur an vier bis fünf persönlichen Referenzaufnahmen zu orientieren. Seine Vorlieben sind breit gefächert und reichen von Jazz über Klassik bis hin zu Rock. Auch Gruppen wie Rammstein gehören ins Repertoire. "Wir bauen Produkte für Musikliebhaber. Und die lassen sich nicht ohne weiteres in eine musikalische Sparte stecken", so Björn Langlie. Die hätten eben alles in ihren Platten- und CD-Regalen stehen. Deshalb müßten seine Anlagen bei jeder Stilrichtung die maximale Wiedergabequalität erreichen.
Audio Agile war einer der ersten deutschen Hersteller, der mit dem Verve DVD einen eigenen DVD-Player entwickelte.
Die Firma Audio Agile bezieht einen Teil ihres Wissens noch von drei externen Entwicklern. Sie seien nicht in dieser Szene verhaftet, meint Björn Langlie nüchtern, aber anerkannte Experten auf den von ihm benötigten Gebieten. Er selbst übernimmt in diesem Kreis gern die Rolle des Moderators, denn eine Eigenschaft wäre wohl allen Entwicklern gemein: "Da selbst privat dem High-End-Bazillus verfallen, kommen die nie ans Ende und driften grundsätzlich ab." An diesem Punkt müsse dann im Interesse der Produkte Einhalt geboten werden. Viele der Entwicklungsarbeiten bezeichnet Björn Langlie als genial, was zudem den Vorteil mit sich bringt, daß sie lange einsetzbar sind. Er sieht in dieser konzeptionellen Zusammenarbeit auch den Grund dafür, so schnell - wie bei Audio Agile geschehen - zu einem Vollsortimenter geworden zu sein.
Einen Seitenhieb auf die Presse will sich Björn Langlie nicht verkneifen: "Die Presse muß den Endverbraucher besser aufklären." Da würden ganz normale und preiswerte Bauteile zum Teil in den Himmel gelobt, was technische Laien in die Irre führe und - da kommt die Entwicklerehre durch - seitens mancher Hersteller nichts anderes als Beschiß sei. Danach erhellt sich wieder die Miene und das Thema geht wieder über zu gutem Klang. So ganz nebenbei wird erwähnt, daß ein hauseigener DVD-Player angeboten wird. Erst auf meine Nachfrage erhalte ich die Bestätigung, daß neben Branchenführer T&A und Revox audio agile der dritte deutsche Hersteller war, der mit einem durch und durch eigenen DVD-Player aufwarten konnte. Ich finde das außerordentlich bemerkenswert und zudem mutig. Übrigens sind jeder Entwicklungsschritt und der Aufbau eines jeden Geräts minutiös dokumentiert. Das ist für die Kunden ein wesentlicher Sicherheitsfaktor, weil das Wissen zu jeder Zeit reproduzierbar ist, selbst - und das will keiner - Björn Langlie nicht zur Verfügung steht. Der Weg der kurzlebigen Hifigeschichte ist gepflastert mit den Gegenbeispielen. Da hat eine findiger Ingenieur etwas entwickelt, bringt ein erfolgreiches Produkt auf den Markt und überwirft sich beispielsweise mit einen Kompagnon. Die Firma ist nicht mehr überlebensfähig, der Service nicht gesichert und der Besitzer eines solchen Equipments hat das Nachsehen. Ganz zu schweigen vom Wertverlust, der ähnlich frappierend sein kann, wie bei am Neuen Markt abgestürzten Aktien.
Auch als Tuning-Spezialist hat sich Björn Langlie einen Namen gemacht. Netzfilter (links Clear 3F), eine Komplettverkabelung und CD-Folien runden das Angebot des Vollsortimenters ab. Seine Geschäfte macht Björn Langlie nicht nur in Deutschland. Audio Agile steht bei Händlern in Holland, Österreich, Ungarn, Griechenland, der Schweiz und in Asien in den Regalen. Im "nahen" Umfeld gehören Italien, Frankreich, Spanien und Skandinavien noch zu den weißen Flecken auf der Verkaufslandkarte. Björn Langlie nimmt's gelassen und setzt auf das von ihm sogenannte Vertriebsgeschäft: "Ich fahre nicht raus. Sondern Händler und ausländische Vertriebe rufen mich an und ich liefere ihnen die Ware." Im wichtigen Feld des Marketing liegen bei Audio Agile momentan die Prioritäten noch anders, als es der Firmenchef selbst gern hätte. Für gutes Marketing und eine intensive Händlerbetreuung braucht man Zeit, viel Zeit. Die kann Björn Langlie nicht entbehren, weil er sich um Entwicklung und Produktion kümmern muß. Was im ersten Moment verwunderlich scheint, ist aber auch eine Frage der Konsequenz. Wenn man nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen kann, wird da gekappt, wo es am ersten geht und die Qualität nicht leidet. Daran, daß er ganz andere Visionen hat, läßt Björn Langlie keine Zweifel. Sein Angebot steht für jeden, der Interesse hat: "Meine Geschäftspartner kaufen quasi meine Produktionskapazität. Ich bin zu jedem Dialog bereit." Audio Agile will wachsen. Aber nicht um jeden Preis. Wichtiger ist es, eine etablierte Marke zu sein. Das darf auch etwas dauern. Vielversprechende Anzeichen gibt es schon. Endverbraucher, die anrufen, fragen in aller Regel nach Prospekten und nicht nach einem Test. Spätestens an diesem Punkt geht die Rechnung von Björn Langlie voll auf.
MK
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