HÖRERLEBNIS 34
Vor-/Endverstärker: PS und AS von Lavardin Technologies
Liebliche Verführung
von Marco Kolks
Warum klingen Röhrenverstärker so anders als Transistorverstärker? Mit dieser Frage beschäftigen sich Heerscharen von Entwicklern und mindestens ebenso viele Lösungen gibt es auf dem Markt. Ich selbst kenne nur die zwei Monoblöcke von Gruensch Audio, die für sich in Anspruch nehmen dürfen, die Vorteile beider Technologien in sich zu vereinen. Doch die sind so astronomisch teuer, daß ich eigene Kaufabsichten längst ad acta gelegt habe. Nun treffe ich auf Christian Isenberg, einen erfahrenen Vertriebsmann, dem ein seriöser Ruf vorauseilt. Der kompetente Hamburger ist schlank und groß gewachsen. Er ist freundlich, versprüht Charme und ist ob seines natürlichen offenen Charakters ein typischer Sympathieträger. Wir unterhalten uns über Simon Yorke Designs, dessen Laufwerke er hierzulande audiophil Infizierten ans Herz legt, und über schlicht aussehende, schwarze Verstärker aus Frankreich namens Lavardin PS und AS. Kenn' ich nicht, das muß ich zu meiner eigenen Schande gestehen. Der Rundruf in der Redaktion beruhigt mich: Kennt da auch keiner. Gut sollen sie klingen, weil der Hersteller seit über 12 Jahren nach dem Geheimnis der Faszination von Röhren forscht und die wichtigsten Kriterien erkannt haben will. Ein kurz darauf, in einem völlig anderen Zusammenhang geführtes Telefonat mit einem mir gut bekannten Händler steigert meine Neugierde und festigt den Entschluß, mich mit diesen Verstärkern auseinanderzusetzen. "Die sind irre gut", sagt der Händler und ich weiß aus langer Erfahrung, ich kann mich auf sein Urteil verlassen.
Das Design fällt - wie bereits erwähnt und vornehm ausgedrückt - schlicht aus. Pure Funktionalität ist nämlich bei den beiden Komponenten angesagt. Auf der massiven Front des Vorverstärkers sitzen links und rechts zwei große Drehknöpfe. Mit dem linken entscheide ich mich für eine der Hochpegelquellen, fünf an der Zahl, mit dem rechten wähle ich die Lautstärke. Mittig leuchtet unter dem Firmenschriftzug eine kleine rote Diode, die den Betriebszustand anzeigt. Selbige ist, bei gleicher Plazierung, auch das einzige optische "Highlight" auf der Front der Endstufe - ein Schlag ins Gesicht für alle "Zappel-Zeiger-Hörer". Auf den Rückseiten des Gespanns liegt jeweils der Ein- und Ausschalter. Für mich ein klarer Hinweis darauf, die Geräte nicht vom Netz zu nehmen. Die Verbindungen untereinander und weiter zum Frontend sind übrigens nur auf asymmetrischem Wege möglich.
So unspektakulär wie die Komponenten aussehen, fallen ihre Maße aus: 85 mm in der Höhe, 430 mm in der Breite und 305 mm in der Tiefe - klassischer Standard und deshalb kein Problem für Wohnzimmerschränke oder Racks jedweder Art. Auch scheint die überschaubare Ausgangsleistung mit 2 x 35 Watt an 8 Ohm keinen Anspruch auf die Superschwergewichtsklasse zu erheben.
Technische Anleitungen gibt es herstellerseitig leider nicht. Auskünfte über die Schaltungslayouts auch nicht. Das kann ja heiter werden, zumal die Serviceinformationen nur auf französisch beiliegen. Nach dem Aufschrauben tun sich keine neuen Welten auf. Bei einigen Transistoren und ICs sucht man Aufschriften oder Hinweise auf den Typus vergebens: ein wirksamer Schutz vor Plagiatoren. Selbst der Anruf beim deutschen Vertrieb läuft diesbezüglich ins Leere. So vertraue ich auf die Aussagen von Lavardin Technologies. Die intensive und jahrelange Beschäftigung mit Röhren und deren Eigenschaften hat zu weitreichenden Erkenntnissen der Franzosen geführt. Es gibt anscheinend neun einflußreiche Kriterien, die für den speziellen Röhrenklang verantwortlich zeichnen. Sieben davon sind technisch, verborgen in den Schaltungen, in Lavardin-Komponenten umgesetzt worden. Ein mittlerweile weithin bekanntes Phänomen ist der klangbeeinflussende Memory-Effekt bei Aufbauten mit Transistoren. Röhren, bedingt durch das Vacuum, haben damit kein Problem. Doch auch dieses Phänomen will man gelöst haben.
Für den Hörer viel einfacher nachvollziehbar reagieren PS und AS auf den Untergrund, auf dem sie stehen sollen. Bislang bewährte Basen engen die Abbildung mehr ein, als daß sie ihre Vorteile ausspielen. Spikes oder andere Untersetzer bringen ebenfalls nicht das erwünschte Ergebnis. Einfache, übereinandergelegte Multiplexplatten sind noch am besten geeignet; interessant, zumal damit keine finanziellen Hiobsbotschaften verbunden sind. Die Lavardins zeigen sich auch bei der Kabelauswahl nicht wählerisch. Schon einfache Ortofon- und Audioquestverbindungen können richtig gute Ergebnisse liefern. Die Franzosen bieten aber auf Wunsch eigene Kabel an. Übrigens lief netzseitig Phonosophie inklusive Steckerleiste ohne Fehl und Tadel. Damit wäre die Alltagstauglichkeit gewährleistet.
Kommentar
Ich habe selten zuvor mit einer Vor-/Endverstärkerkombination so lange und so intensiv Musik gehört. Um so erstaunlicher finde ich es, daß mein Memroyblock, der die Hörnotizen enthält, weitgehend leer geblieben ist. Es liegt einfach daran, daß ich eben nur Musik gehört habe und kein High End. Es geht nicht darum, zu ziselieren, unbedeutende Triangle-Anschläge zu analysieren. Dieses ganze "Pling-Plong"-Hifi hat unberührt im Regal gestanden. Berührt hat mich dagegen, wie elegant die beiden Lavardin-Produkte zusammenspielen und welche Stimmung sie selbst kühlen CD-Tonkonserven entlocken können. Ihre Fähigkeiten sind schnell aufgezählt: tonal ausgewogen, dabei sehr räumlich. Fern jeglicher Härten im Hochtonbereich, brillante Mitten und saubere Bässe. Das Ganze garniert mit einer großen Kelle Homogenität und betörenden Klangfarben.
In aufnahmetechnisch einwandfreiem Gewand präsentiert Paul Simon auf dem neuen Album "You're the one" (Warner Brother/WEA 9362478442) seine unbestrittenen Songwriterqualitäten. Unbeschwert und mühelos ist sein sängerischer Vortrag. Die Stimme beeindruckt durch ihre Intensität, läßt keine Tendenz zur Schärfe erkennen, sondern gefällt mehr durch einen leichten seidigen Glanz, ihren Schmelz und die sie umgebende Luftigkeit. Auch vermisse ich nicht die Kraft, die einer solchen Stimme innewohnen muß. Wenn diese fehlt, wird der Interpret zu einem Abziehbild degradiert. Augenblicklich setzt dann eine die Emotionen hemmende Lustlosigkeit beim Hörer ein.
Temperament ist eine weitere Eigenschaft der beiden Franzosen, die sie mit Hilfe von Blood, Sweat & Tears unter Beweis stellen können (Columbia/Sony 4998222). "Spinning Wheel", ein Mega-Hit aus meiner Jugend, ist erst richtig erträglich, wenn die amerikanischen Rockjazzer zum Greifen nahe im Raum stehen. Wenn die Fetzen fliegen und der Baß spürbar wird. Dann sitze ich vor der Anlage, geh' mit und bin baff erstaunt ob der Leistungsreserven von 2 x 35 Watt. Sobald die Lautsprecher einen gegen 90 dB tendierenden Wirkungsgrad haben, sind mögliche Zweifel hinsichtlich befürchteter, harmloser Mädchenklosterpower vom Tisch. Recht hemdsärmelig kann es sogar zugehen. Was mir wiederum zeigt, daß PS uns AS nicht nur für zarte Kammermusik geeignet sind. Außerdem habe ich keine Lästigkeit ausmachen können, weshalb das Hören mit erhöhter Lautstärke auch länger ermüdungsfrei möglich ist.
Sobald nun zu einem Klanggemälde verschachtelte Elemente die Lavardin-Verstärker fordern (Maria Schneider Orchestra; Allegresse; Enja-93932) besinnen sie sich auf weitere Stärken: Ruhe, Ausgeglichenheit und Räumlichkeit. Die Musiker der Big Band lassen sich bestimmten Plätzen im Konzertsaal zuordnen. Ihr Spiel ist dynamisch und vor allen Dingen plastisch. Die Leistung scheint die Endstufe aus dem Ärmel zu schütteln, weil die Abbildung auch jederzeit souverän ist und niemals kippelt.
Es wird künftig wohl viele Verstärkerhersteller geben, die sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen müssen. Sicherlich markieren PS und AS nicht das Ende der technisch und klanglich machbaren Fahnenstange. Unabhängig von ihrem niedrigen Preis zählen sie für mich aber zu den außergewöhnlich guten und interessanten Produkten, mit denen man sich auf sehr hohem Niveau, sofern geeignete Lautsprecher gefunden sind, nur noch auf die Musik konzentriert. Wer mehr hören will, muß richtig tief in die Tasche fassen.
Charakter: Eigentlich klingen PS und AS unspektakulär und unkompliziert. Sie machen es dem Zuhörer leicht, sich zu entspannen und gleichzeitig schwer, sich dem Bann dieser Komponenten zu entziehen. Musik erfüllt den Raum, tonale Farbigkeit ist reichhaltig und in vielen Schattierungen vorhanden. Es klingt erstaunlich klar, präzise und räumlich, frei von Härten und jener vielen Transistorgeräten anhaftenden Künstlichkeit. Dieses Equipment bietet einfach so viel, was andere nicht können. Der Lösung des Geheimnisses von Röhren sind die französischen Hersteller tatsächlich auf der Spur.
Fazit: Wer viel hört, oft mehrfach wöchentlich mit neuen Produkten konfrontiert wird, ist nicht mehr so schnell aus der Bahn zu werfen. Die Vor-/Endverstärkerkombination von Lavardin aber hat es geschafft. Die erreichte Klangqualität habe ich gedanklich bis jetzt nur mit Röhrengeräten und riesigen Ausgangsübertragern verbunden, die dann noch auf extreme Hornkonstruktionen angewiesen sind. Die 2 x 35 Watt fallen auf dem Papier recht niedrig aus, in der Praxis hatte ich damit bei verschiedenen Lautsprechern keinerlei Probleme. Ich spreche selten eine Warnung aus, doch jetzt scheint es mir geboten: Überlegen Sie es sich gut, sich diese Verstärker aus Frankreich anzuhören. Der Weg zurück, ohne sie im Gepäck, ist hart. Verdammt hart!MK
PS. Allerdings müßte die Versuchung angesichts des moderaten Preises höher und verführerischer sein, als seinerzeit Adams Biß in den unsäglichen Apfel. Ich will nachher aber keine Vorwürfe hören, denn ich habe Sie gewarnt ...
Das Produkt:
Vorverstärker PS und Endverstärker AS
Maße: 85 mm x 430 mm x 305 mm (HxBxT)
Leistung Endstufe:: 2 x 35 Watt / 8 Ohm
Preis: je 3.390 Mark
Hersteller: Lavardin Technologies
Vertrieb: Isenberg Audio 20146 Hamburg Postfach 130384 Tel: 040-447037 Fax: 040-447080 Mobil: 0172-4040407 Internet: www.isenbergaudio.degehört mit:
Plattenspieler: Transrotor Eternita, SME V, SME 3012R, Transfiguration New Spirit, Scheu-Benz, The Cartridge Man; Musica Nova Piano Forte, SME V, Rohmann; Pluto 12a, 5a Special, Black Beauty, Transrotor Fat Bob, SME V
CD-Spieler: Burmester 916, Consequence audio (mod. by Realite); Phonosophie Impulse 1.5
Wandler: Goldmund SDRA, Audio Alchemy DTI Pro 3.2
Vorverstärker: Burmester 808 MK V, Beck RV, Tessendorf TE1
Phonostufe: Blue Amp Model 42, EAR 834, TE Audio Phono (Tessendorf/MC -Teflonausführung) und Filternetzteil, TE Audio Phono (MC-Teflon), Transrotor-Phonostufe
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono), Beck RE1
Vollverstärker: Unison Research Simply 845, Symphonic Line RG 14
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Newtronics Skate und Gate, Bella Luna von CD-Konzertmöbel, Consequence Audio Pavane
Kabel (NF/LS): Acapella (Silber), Flatline SPM-Reference, Acoustic Balance Black, Ortofon 5000er Reinsilber-Phonokabel, Phonokabel von SAC, Aural Symphonics, Voodoo von Dope Sounds, Elon III, XLO-Netzkabel, Voodoo Netzkabel-(Prototyp), Netzkabel von Burmester und Phonosophie, WBT-Kabelschuhe, Netzsteckerleisten: Beck Elektroakustik, Phonosophie, XLO, Sun
Zubehör: Burmester Powerconditioner, Copulare Tonbasen, Acapella Musikbasen, Big Block und Speed Block von Acapella, Racks von Audio Magic, Bedini Disc Clarifier, Sound Dynamics Foculpods, Sicominplatten, Ducal-Kabelträger von Copulare, Kabelträger von Audio Magic, PS-Base von Fisch Audio, VPI - Magic Bricks, Räke Pucks, ART-Graphitpucks, CD-Sound-Improver von Gläss, LP-Waschmaschine von Sota, Tonbase Plattenspieler von realite, Roomtooning RFA 78 von Harmonix, Shun Mook, Shaktis, Enacoms, CD-mat von ART, Ring-Mat, Netzkabeladapter von Hans-Ulrich Rahe (Prototyp)