HÖRERLEBNIS 30: Tonträger
New Country Music - Eine moderne Musikgattung
“Put some drive in your country!”
von Wolfgang Vogel
Wie Sie, liebe Leser, bestimmt schon registriert haben, taucht in meinen Artikeln immer wieder Musik aus dem Bereich des sogenannten “New Country” auf. Da ich mir nun vorstellen kann, daß manch’ einer mit diesem Begriff (noch) nicht viel anzufangen weiß, möchte ich im Folgenden versuchen, Ihnen diese Musikrichtung näherzubringen.
Immerhin hatte auch ich bis vor einiger Zeit noch das Vorurteil, Country-Music sei eine zutiefst öde, uninteressante Sache - halt eine Art ‚Opa-Musik’. Die rockigere, fetzigere Variante des klassischen Country, die sich da unter dem Namen “New Country” entwickelt hat, war mir völlig unbekannt. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Auslöser dafür war eine nächtliche Fernsehsendung auf Nord 3 namens “Music City USA”, in die ich eher per Zufall hereinzappte. Die Musik, die da zu hören war, gefiel mir - und hatte so gar nichts mit drögem, langweiligem Hillbillygeschrammel (‚Hillbilly’ ist in den Staaten das Synonym für ‚Hinterwäldler’), wie ich es in der Schublade ‚Country’ erwartet hatte, zu tun. Zusätzlich zu Steel Guitar, Fiddle und den anderen typischen Country-Instrumenten werden hier E-Gitarren, Schlagzeug und E-Baß intensiv genutzt. Rockige Töne sind also durchaus an der Tagesordnung. Der Moderator der “Music City” (dem ich nach wie vor dankbar für diese Sendung bin, daher geht an dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank an die Adresse von Andreas ‚Werni’ Wernicke!) brachte für diese Country-Spielart den (mir damals noch völlig unbekannten) Begriff des “New Country” ins Spiel. Also, kurzer Rede noch kürzerer Sinn: Ich habe mich ab diesem Zeitpunkt immer intensiver mit dieser Musik beschäftigt und bin bis heute absolut begeistert von der Vielfalt des Genres.
Nun fühle ich mich allerdings weder grenzenlos kompetent noch dazu berufen, Ihnen einen repräsentativen oder auch nur annähernd vollständigen Überblick verschaffen zu können. Mehr als einen kleinen Einblick in diese Welt kann und will ich Ihnen nicht geben. Auch werde ich kein Wort über die Klangqualität oder die Aufnahmetechnik oder irgendwelche ähnlichen Themen verlieren, da ich Ihnen die Musikrichtung Country - respektive New Country - und nicht die Tontechnik näherbringen möchte.
Die nachfolgende Auswahl stellt also eine rein subjektive Selektion von Interpreten und Titeln ganz nach meinem persönlichen Gusto dar. Alle Kenner der Szenerie verzeihen mir daher bitte, wenn ich auf Stars wie Trisha Yearwood, Reba McIntire, Pam Tillis, Lee Ann Womack, Mary Chapin Carpenter, Waylon Jennings, George Strait, Tim McGraw, John Michael Montgomery, die Dixie Chicks und viele, viele andere an dieser Stelle nicht eingehe. Es würde den Rahmen dieses Artikels einfach sprengen. Also bitte keine Drohbriefe an die Redaktion....
Doch Schluß mit der Vorrede; ich lade Sie nunmehr hier und jetzt (oder auch ‚hic et nunc’, wie der Lateiner sagt) zu einer Fahrt in jenem Zug namens “New Country” ein; steigen Sie mit mir zusammen hinein, und ich stelle Ihnen bei jedem Blick in die verschiedenen Abteile die ‚Mitreisenden’ vor. Nur Mut, es geht schon los - der Pfiff des Schaffners ist ertönt, die Lok zieht an, wir setzen uns bereits in Bewegung...
Sehen wir uns unsere Reisegefährten also einmal etwas genauer an. Blicken wir gleich ins nächstliegende Abteil. Der erste (und auch hierzulande bekannteste) Interpret, dem wir begegnen, kann kein anderer sein als Garth Brooks, der absolute Top-Star der Szene. In den Vereinigten Staaten füllt er mühelos die größten Arenen; dort verkaufen sich seine CD’s wie die berühmten warmen Semmeln - inzwischen hat er die Beatles in puncto Verkaufszahlen locker überholt. Dennoch sind hierzulande Songs wie “The River” (eine tolle Ballade), “Standing Outside The Fire”, “The Thunder Rolls” (mein ganz persönlicher Brooks-Lieblingssong) , “Callin’ Baton Rouge” oder “American Honky-Tonk Bar Association” noch immer so gut wie völlig unbekannt. Dabei deckt der (wie im Übrigen auch viele andere Country-Stars) tiefgläubige Superstar Garth Brooks wie kaum ein anderer die Spannbreite von gnadenlos im Gefühl schwelgenden Balladen bis hin zu treibend-rockigen Krachern ab. Wer also einen ersten Überblick über das Genre gewinnen möchte, befasse sich einmal näher mit der Compilation “garth brooks / the hits” aus dem Jahr 1994 (Liberty Records 7243 8 32081 2 8). Darauf sind alle vorgenannten Titel enthalten - und noch ein Menge mehr. Das Spektrum von einfühlsamen Balladen (bei denen ihm einige echte Highlights gelungen sind) bis zu regelrechten Mitgröhl-Songs ist komplett vertreten - love it or leave it!
Direkt nebenan sitzt, um im Bilde zu bleiben, einer der weiblichen Top-Newcomer des letzten Jahres: Jo Dee Messina. Das rothaarige Energiebündel legte 1998 mit “I’m Alright” (Curb Records D2-77904) ein für meine Begriffe schlichtweg phantastisches Album vor. Allein die superbe Ballade “Even God Must Get The Blues” wäre mir den Erwerb der CD bereits wert. Sie singt hier so gefühlvoll und emotional spannend, wie ich es noch selten gehört habe. Eine traumhafte Interpretation! Solche Sternstunden erleben die meisten Musiker nur sehr, sehr selten; vielen gelingt so etwas auch nie... Doch will ich damit nicht etwa den Rest der Scheibe als Durchschnittsware abqualifizieren, ganz im Gegenteil. Es handelt sich dabei um durchweg hervorragend musikalisches Material, das beim Hören jede Menge Freude aufkommen läßt. Die feuerköpfige Sängerin steht zu ihren Revanchegelüsten im zwischenmenschlichen Bereich (“Lessons In Leavin’”) ebenso überzeugend, wie sie sich von einem zukünftigen Ex verabschiedet (“Bye, Bye”) oder die Anforderungen an ‚ihren’ Mann definiert (“Stand Beside Me”). Wobei ich mich des Eindruckes nicht erwehren kann, all’ diese Mann/Frau-Stories würden von ihr mit einem leichten Augenzwinkern zum Besten gegeben... Außerdem beweist Miss Messina gleichzeitig höchst eindrucksvoll, daß sie, im Gegensatz zu manchen Pop-‚Sängerinnen’, durchaus über Stimme verfügt - und dieselbe auch einzusetzen weiß.
Überhaupt fällt mir die Anzahl von gutaussehenden Ladies mit durchaus bemerkenswerten gesanglichen Fähigkeiten, die gerade im Bereich des New Country erfreulicherweise recht zahlreich vertreten sind, sehr positiv auf. Zwar sind die Sangeskünste der Damen noch keineswegs mit denen etwa einer Opernsängerin zu vergleichen. Aber Schönheit und Musikalität schließen sich eben offenbar doch nicht gegenseitig aus. Ein schlagendes Beispiel (vielleicht das schlagendste...) für diese These findet sich in der nächsten Abteilung unseres Zuges. Shania Twain, um die es nun geht, ist einer der absoluten Superstars in Nordamerika - und kann inzwischen auch hierzulande veritable Erfolge in den Charts verbuchen. Daß sie mehr als nur gut aussieht, ist offensichtlich. Doch sie nimmt auch musikalisch eine Ausnahmestellung in der New-Country-Szene ein. Denn mit Ihrem Album “Come On Over” (1998, Mercury 558 000-2) bewegt sie sich im irgendwo im Grenzgebiet zwischen Pop, Rock und Country. Niemand sonst in der Country-Szene lotet diese imaginären Grenzen mit solcher Intensität aus wie Mrs. Twain - um sie dann völlig unbekümmert zu überschreiten. Traditionelle Country-Fans können mit der resultierenden Mixtur eher weniger anfangen, ebensowenig wie eingeschworene Pop-Fans. Ich persönlich freue mich einfach über einen rockigen Song wie “Honey, I’m Home”, in dem das traditionelle Rollenverständnis von Mann und Frau á la “Stand By Your Man” (Ein Lied der 1998 leider verstorbenen Tammy Wynette, das ich durchaus mag!) gekonnt-humorvoll auf’s Korn genommen wird. Oder wenn Shania mit “That Don’t Impress Me Much” und “If You Wanna Touch Her, Ask!” ihr Verständnis der männlichen Psyche klar belegt. Der Einfluß ihres Produzenten (und Ehemannes) Robert John “Mutt” Lange, der sonst erfolgreich Bands wie z.B. Aerosmith produziert, ist bei Liedern wie “Don’t Be Stupid (You Know I Love You)” klar spürbar. Neue Wege also, die Mrs. Twain da bestreitet.
Ein Extrem anderer Art stellt unser nächster Reisegefährte dar, Mr. Vince Gill. Er ist nicht nur der Moderator der CMA-Awards-Verleihungen der letzten Jahre, die in den ‚heiligen Hallen’ der Country-Music, der “Grand Ole Opry” in Nashville, Tennessee, stattfindet. Nein, er ist fraglos auch einer der begnadetsten ‚Crooner’ innerhalb der Gilde der Countrystars. Damit verkörpert er die sanft-kuschelige und manchmal auch geradezu plüschige Seite dieser Musik. Nun ist Vince Gill sicher kein reiner Schnulzensänger (mit dieser Behauptung würde man ihm definitiv unrecht tun), aber aufgrund des unverkennbaren Schmelzes in seiner Stimme ist er geradezu prädestiniert für die ruhigeren Nummern. So ist es denn auch keineswegs verwunderlich, daß die stärksten Songs seiner “Super Hits” (1996, RCA 07863 66944-2) ganz eindeutig die Balladen sind. Auch wenn schmissigere Werke wie “Oklahoma Borderline” recht schön sind, so glänzt Vince G. vor allem in “I Never Knew Lonely” oder auch “With You” mit einer Schmusestimme, die mich immer wieder an den verstorbenen Roy Orbison erinnert. Das ist die softe Seite des New Country.
Der nächste Teilnehmer unserer kleinen Fahrt ist wieder ein echter Alleskönner mit hohem Wiedererkennungswert: Alan Jackson, seines Zeichens nicht gerade ein Frischling in Sachen Country-Music. Seit Jahren als feste Größe in Nashville etabliert, zeigt ihn seine “The Greatest Hits Collection” von 1995 (Arista 07822 18801 2) in wahrer Bestform. Ein ‚Best Of’-Album mal ganz ohne irgendwelche musikalische Schwächen - eine angenehme Überraschung! Wenn er mit markanter Stimme aus seiner Jugend erzählt (“Chattahoochee”), einer Frau einfach alles verspricht (“Tall, Tall Trees”) oder gar den “Mercury Blues” hat, klingt das einfach mitreißend.
Doch auch die ruhigeren Minuten weiß Mr. Jackson durchaus glaubwürdig zu zelebrieren (“Midnight In Montgomery”, “(Who Says) You Can’t Have It All”, “Wanted”). Und selbst Eddie Cochran’s unsterblicher Klassiker “Summertime Blues” bekommt bei ihm seine ureigenste, countryeske Note, ohne dadurch verunstaltet zu werden. Im Gegenteil: Ich finde diese Coverversion äußerst gelungen. Ich lehne mich da einfach mal etwas weiter als üblich aus dem Fenster: Diese CD ist schlicht ein Muß für jeden New-Country-Einsteiger. Punkt.
Doch schauen wir mal in’s nächste Abteil. Wen hätten wir denn da? Na klar, das erfolgreichste Vokal-Duo der letzten Jahre darf natürlich nicht fehlen. Gestatten Sie, daß ich Ihnen die Herren vorstelle? Brooks & Dunn heißen die beiden Sangeskünstler, die bei der jährlichen Verleihung der CMA - (Country Music Association) Awards, die sozusagen die Oscars der Country-Welt sind, mit schöner Regelmäßigkeit den einen oder anderen Preis abräumen. Die vielen Nummer-1 Hits dieser Zwei aufzuzählen, würde eine ziemlich lange Liste ergeben. Ob sie die “Honky Tonk Truth” erzählen, verzweifelt betrauern “He’s Got You”, unter dem “Neon Moon” spazierengehen - oder ob sie sich gar einen “Whiskey Under The Bridge” genehmigen: Immer bilden Musik und Gesang eine perfekt ausbalancierte Einheit. Dieser charakteristische Harmoniegesang zieht sich durch alle ihre Werke wie ein roter Faden. Selbstverständlich auch durch mein persönliches Lieblingsstück: “Lost And Found”, eine überaus gelungene Midtempo-Nummer.Zur Gewinnung eines guten Überblicks über die Werke von Kix Brooks und Ronnie Dunn rate ich zu folgendem Vorgehen: Die CD “The Greatest Hits Collection” (Arista Nashville 74321 52431 2) aus dem Jahre 1997 kaufen, alle sonstigen Notwendigkeiten für eine gute Party organisieren, ein paar nicht gerade countryfeindlich gestimmte Leute einladen, die Scheibe in den Player legen - und dann nur noch abfeiern. Sie werden feststellen: Es funktioniert!
Zum Abfeiern sollten Sie sich dann auch noch eine andere CD gönnen: River Road heißt die Band, deren gleichnamiges Album aus dem Jahr 1997 (Capitol Nashville 7243-8-53052-2-1) ebenfalls für jede Menge an guter Laune sorgt. Schon mit dem Opener “Wishful Thinkin’” ist klar, wo es hier musikalisch langgeht. Nämlich schwungvoll und geradeheraus. Keine Spur von jenem Stallmief, den einige der Country-Music noch immer nachsagen. Die Jungs von River Road fegen derartige Anfeindungen mit enorm viel Elan und äußerst schwungvollen Songs (wie “Somebody Will” oder “Only Young Once”), unter denen insbesondere der phantastische Fetzer “Nickajack” nochmals herausragt, in Sekundenschnelle hinweg, daß es eine wahre Freude ist.Das immer wieder eingesetzte, in bester Rock ‘n’ Roll -Tradition swingende Piano trägt dazu natürlich ebenfalls eine ganze Menge bei. Dabei enttäuschen auch die ruhigen Momente der CD keineswegs. Ich bin schlicht begeistert von soviel Energie und schierer Freude am Musizieren. Vielleicht hat da gerade jemand eine neue Kategorie erfunden‚ den ‚Country ‘n’ Roll’ ???
Den Mann mit dem Cowboyhut im nächsten Zugabteil darf man wohl mit Fug’ und Recht als den Traditionalisten unter den Stars des New Country bezeichnen. So widmet sich Chris LeDoux (z.B. auf dem Album “stampede” von 1996; Capitol Nashville 7243-8-34071-2-5) nicht nur mit Vorliebe den klassischen Themen der Country-Music (“that’s what loving you means to me”, “take me to the rodeo”, “calico moon”). Nein, außerdem sieht er auch noch aus wie der Marlboro-Mann höchstpersönlich.Und dazu paßt es dann hervorragend, daß man von ihm mehr als von allen anderen bisher genannten Interpreten am ehesten sagen kann, daß seine Musik die Fortsetzung des klassischen Country-Sounds mit modernen Mitteln ist. Stücke wie “five dollar fine” oder der Titelsong “stampede” haben dabei durchaus Ohrwurmqualität, auch wenn es manchmal ein mehrfaches Hineinhören erfordert. LeDoux ist nicht so sehr der Rock ‘n’ Roller wie z.B. die Jungs von River Road, hat aber ein hervorragendes Gespür für Stimmungen, die er mit seiner überaus angenehmen Stimme einfach gut ‘rüberbringt.
Ein ebenso hervorragendes Gespür, vor allem bei der Auswahl der von ihr interpretierten Lieder, beweist die dritte Country-Queen, die uns auf unserer Bahnfahrt begleitet, ebenfalls immer wieder. Martina McBride gehört nicht umsonst zu den erfolgreichsten New-Country-Acts der letzten Jahre. Ebenso eindeutig wie eindringlich beantwortet sie die Frage nach dem ‚warum’ auf ihrer 1993er CD “The Way That I Am” (RCA 07863 66288-2).Da zeigt sie ihre ganze Vielseitigkeit vom allerersten Titel “Heart Trouble” an über ihren persönlichen “Independence Day” bis zum letzten Song “Ashes” (der meiner unbescheidenen Meinung nach zu den absoluten Highlights dieser Scheibe zu zählen ist). Mit “The Time Has Come” enthält die deutsche Pressung übrigens ein echtes Highlight, das auf der USA-Ausgabe leider fehlt. Also: Augen auf beim Einkaufen! Selten genug gelingt es einem Künstler/einer Künstlerin so überzeugend, die Kompositionen (ausschließlich!) fremder Autoren ein ganzes Album lang derart mit Leben zu erfüllen. Man muß nur die eigenen Stärken erkennen - und danach handeln. Das nenne ich Konsequenz!
Ebenso konsequent setzt unser nächster Mitreisender, Mr. Clint Black, auf moderne Instrumentierung bei durchaus country-typischer gesanglicher Gestaltung seiner Songs. Dokumentiert ist dies beispielhaft auf dem Album “Clint Black - the Greatest Hits” (RCA 07863 66671 2) aus dem Jahre 1996. Nicht nur, daß er zusammen mit Wynonna eines der erfolgreichsten Duette der letzten Jahre in den Charts plazieren konnte (“A Bad Goodbye” - eine wunderbare Kerzenlicht-Nummer übrigens...). Nein, auch seine Stärke liegt eher in den schwungvolleren Uptempo-Songs á la “Summer’s Comin’”, “Cadillac Jack Favor” und “No Time To Kill”. Hier läßt er seiner Freude an den lebhaften Aspekten der Country-Music freien Lauf. Doch auch die Freunde einer gepflegten Ballade läßt der “Desperado” (hier in einer Live-Version) nicht im Regen stehen - oder doch (“Like The Rain”) ?? Jedenfalls gelingt ihm stets eine gute Synthese der klassischen Country-Elemente mit einer druckvollen Spielweise seiner Band.
So. Das letzte Zugabteil ist erreicht. Bevor unser Express sein Ziel erreicht, möchte ich noch drei weitere Mitfahrer aus dem Lager des New Country begrüßen - Stars allesamt. Der erste der Drei ist mit seinem Titel “Put Some Drive In Your Country” an der Überschrift dieses Artikels ‚schuld’. Es ist kein geringerer als Travis Tritt, der da so etwas wie das Motto der New-Country-Szene in Worte gekleidet hat.Denn genau diese Infusion an Drive und Energie, die das bis vor gut zehn, fünfzehn Jahren eher träge dahindümpelnde Genre der Country-Music dringend gebrauchen konnte, verkörpert er wie kaum ein Anderer. Auch bei ihm empfiehlt sich als Einstieg das Best-Of-Album (“Travis Tritt Greatest Hits - From The Beginning”, Warner Bros. 9362-46001-2). Er ist sicher nicht der begnadetste (Country-) Sänger auf diesem unserem Planeten, aber seine Musik schafft Stimmung. Und das heißt in erster Linie gute Laune. Ich jedenfalls habe beim Hören von Songs wie “T-R-O-U-B-L-E”, “Country Club” oder auch “Ten Feet Tall And Bulletproof” sofort dieses ‚Honky-Tonk-Feeling’, das mich unweigerlich zum Mitsingen (wenn ich es mal so nennen darf) veranlaßt. Dazu noch ein Glas Single Islay Malt Whisky (am liebsten Lagavulin) - und es geht mir einfach gut. Daß man solch’ edles Getränk allerdings nicht als Sorgentöter gebrauchen sollte, lehrt uns das Duett von Double-T mit Marty Stuart “The Whiskey Ain’t Workin’”. Obgleich es sich da wohl eher um Bourbon gehandelt haben dürfte... But anyway. Da ist es schon besser, seiner Verflossenen zu sagen “Here’s A Quarter (Call Someone Who Cares)”!
Doch wenden wir uns von Beziehungsproblemen ab und dem nächsten Musiker zu. Dwight Yoakam gehört in den USA inzwischen auch zu den sogenannten ‚household names’, also zu jenen, deren Namen nun wirklich jeder kennt.Dazu hat sicher auch die gelegentliche Kooperation mit Größen des klassischen Country beigetragen, wie er sie z.B. auf dem 88er Album “Buenas Noches From A Lonely Room” (Reprise 925 749-2) mit Buck Owens praktiziert. Das 1972 erstmals erschienene “Streets Of Bakersfield” wurde ein wenig aufgefrischt und klingt hier so stimmig, als sei er für dieses Duett extra neu geschrieben worden. Doch auch sonst ist Dwight Yoakam ein typischer Vertreter der ‚Neuen Generation’ der Country-Music. Herrlich unbekümmert geht der Mann mit dem leichten Schluchzen in der Stimme von besinnlichen Songs (“Buenas Noches...”) zu fetzigeren Nummern (“Floyd County”) über. Und seine Version von J.D. Millers “I Hear You Knockin’” hätte auch ein Shakin’ Stevens in seinen Glanzzeiten nicht besser hingekriegt. Ein echter Volltreffer! Vor allem, wenn es Ihnen, wie mir, gelingen sollte, diese CD im Nice-Price-Bereich zu entdecken, ein risikoloser ‚diese-CD-sollten-Sie-mit-nach-Hause-nehmen’-Tip (àfür die Existenz dieser Wortschöpfung übernehme ich zwar die Verantwortung, aber keinerlei Garantie oder Haftung für deren Richtigkeit!).
Mitnehmen nach Hause würde ich gern auch die letzte Interpretin, die ich Ihnen noch vorstellen möchte. Nennen Sie mich ruhig einen Chauvinisten, aber bei einer so schönen Frau wie Chely Wright sollten Sie mich eigentlich verstehen können... Doch da ich wohl keine Chance bekommen werde, Miss Wright jemals persönlich kennenzulernen, begnüge ich mich damit, Ihnen an dieser Stelle immerhin ihre CD “Woman In The Moon” (1994, PMS 523 225 2) wärmstens ans Herz zu legen. Titel wie “Till I Was Loved By You” müßten Ihnen meine Begeisterung für diese Sängerin leicht verständlich machen. Den country-typischen ‚Twang’ - ein vor allem im klassischen Country sehr verbreitetes, stiltypisches Vibrato - in der Stimme beherrscht sie dabei ebenso, wie sie jegliche Art von Stimmung, von höchster Freude bis hin zu tiefster Traurigkeit, auszudrücken weiß. Einzelne Songs möchte ich angesichts des musikalisch Gebotenen gar nicht weiter detailliert hervorheben.
Doch in Bezug auf die genannte CD ist etwas Eile durchaus angesagt: Aus eigener Erfahrung weiß ich nämlich, daß diese Scheibe nur noch in äußerst geringen Stückzahlen (via Import) erhältlich ist. Ansonsten hören Sie einmal in eine andere CD der Künstlerin ‘rein (empfehlenswert wäre z.B. das 1997er Album “Let Me In”, MCA Records MCD 70003-907) - es lohnt auf jeden Fall. Diese Stimme spricht durchaus für sich. Klasse!
So, damit ist unser Gang durch einige Wagen des “New Country”-Zuges zunächst beendet. Der Bahnhof ist erreicht, die Bremsen quietschen bereits. Ob Sie jetzt an Bord bleiben oder doch lieber aussteigen möchten, ist jetzt Ihre Entscheidung.
Ein Tip noch: Wer sich lieber zunächst anhand eines Samplers in das Thema vertiefen möchte, dem empfehle ich (wenn Sie wirklich nur mal wissen wollen, ob New Country überhaupt ‚Ihr Ding’ ist oder werden kann) unbedingt und ohne Einschränkung die CD zur TV-Sendung “Music City USA” - aktuell ist die Scheibe von ‘98 (BMG 74321 59965 2). Hier ist von Experten eine Auswahl erstklassiger Interpreten und Titel getroffen worden, die Ihnen den Einstieg in’s Thema leichtmacht. Auch einige der in meinem Artikel erwähnten Stars sind hier vertreten. Vielleicht geht es Ihnen dann wie mir - und Sie wollen bald mehr, viel mehr von dieser Musik... Just give it a listen! Aber seien Sie gewarnt: Für dadurch ausgelöste, eventuell auftretende Mangelerscheinungen in Ihrer Brieftasche haften weder der Verlag noch der Autor...!
Ansonsten fragen Sie bezüglich der Risiken und Nebenwirkungen entweder Ihren lokalen Countryfan oder den Plattenhändler Ihres Vertrauens. Sollten Sie weder den einen noch den anderen zur Hand haben, dann hätte ich da für Sie zu guter Letzt wenigstens noch drei - nach PLZ geordnete - Bezugsquellen für obengenannte CD’s parat, wo man Ihnen gerne weiterhelfen wird (immerhin sind einige der Silberscheiben nicht oder nur mit Schwierigkeiten in normalen Plattenläden aufzutreiben):
I.) Jürgen Feuß/Harlekin Records, Postfach 110142, 28081 Bremen, Tel.: 0421/74910, Fax: 0421/700051, E-mail: Harlekin-Records@t-online.de
I.) T.C.S./World Of Country-Music, Hagener Str. 398, 58285 Gevelsberg, Tel.: 02332/6391 und 6490, Fax: 02332/6392, E-mail: tcsmusic@t-online.de, Internet: http://www.countrymusic.de/tcs
I.) Lone Star/Franz Voitswinkler, Solling 4, 83317 Teisendorf, Tel.: 08666/929295, Fax: 08666/1085, E-mail: Voitswinkler@t-online.de, Internet: http://www.lone-star-music.de
Noch ein letzter Hinweis sei mir gestattet: Es existieren meines Wissens bei diesen Geschäften, mit Ausnahme der ‚World Of Country-Music’ in Gevelsberg, keine Ladenlokale!WV