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Amos - Der neue Imperator of Pop

von Thomas Neumann

Stylisch und schräg sind zwei Attribute, die dem "Imperator of Pop", wie er sich selbst bescheiden nennt, gut anstehen. Ebenso betitelt ist auch sein neues Album, das auch als qualitätvoll ausgestattetes Doppelvinyl erhältlich ist. Es sind zuerst vor allem die opulenten Begleiterscheinungen, die die Aufmerksamkeit auf Amos ziehen. Dazu gehört u. a. die originelle und im Endergebnis witzige Aktion "Destroy your favourite LP, CD or MC…" die zu einer Vielzahl an Reaktionen - in Form von Videos - geführt hat. Man kann sich näheres unter www.playback-payback.com/ ansehen.

Dabei könnte man leicht den Eindruck erlangen, dass das Merchandising von der Musik ablenken soll. Unberechtigterweise allerdings. Denn die Aktion "Destroy your favourite Tonträger" sagt viel über die Musik und den intendierten Kontext der Produktion aus. Letztendlich ist es die Komplexität des feinen Gewebes von Referenzen, das Amos spinnt und das man aus seiner Musik heraushört: Die Anfänge von Glamrock, die Hochzeiten von Disco und die ganze Vielfalt der Musikszene der Achtzigerjahre.
Auf einige Fragen, die sich beim Anhören von "Imperator of Pop" ergaben, gab uns Amos bereitwillig Auskunft.

HE: Warum glitzert alles bei Dir, sogar die Musik? Sag doch bitte etwas zu deinen musikalischen Vorbildern?
Die meisten meiner musikalischen Vorbilder stammen aus den 80er Jahren. Dass ich mich formal an dieser Zeit orientiere, ist jedoch weder Zufall noch nostalgisches Faible. Vielmehr wurde zu dieser Zeit mit einer erstaunlichen Energie künstlerisch agiert und zwar in allen Disziplinen, sei es Musik, Kunst, Design, Film, etc. Nicht umsonst besitzt jeglicher Output aus dieser Zeit eine ausgesprochen hohe Halbwertzeit, betrachte man nur mal das Radioprogramm von heute. Damals bestand Mut zur Selbstinszenierung auch unter Inkaufnahme des Missverständnisses, und die Authentizität des Künstlers wurde nicht irgendwelchen Marketingrichtlinien untergeordnet. Genau um diesen Geist geht es mir. Am besten natürlich verkörpert durch Künstler wie Michael Jackson und Prince, die in der Folgezeit eine große Lücke hinterließen, die ich nun zu stopfen gekommen bin. In eine Schublade würde ich mich dennoch nicht stecken lassen. Ich mache Songs, keine Sounds. Momentan arbeite ich gerade an der Electro Remix Version meines Albums, die beweist, dass man starke Songs in verschiedene Gewänder hüllen kann.

HE: Wie sieht es mit den Einflüssen aus den Bereichen Mode und Design aus?
Ich bin der Meinung, dass Künstler medienübergreifend denken, schaffen und sich inspirieren lassen sollten. Daher spielen Design und Mode für meine Musik und ihre Präsentation eine entscheidende Rolle. Auf letzterem Gebiet arbeite ich eng mit dem persischen Fashion Designer hamansutra(.com) zusammen, dessen Kostüme den 80er Glam Faktor in die Neuzeit transportieren, mit leicht orientalischem Einschlag. Für alle weiteren Bereiche neben der Musik, etwa das Design des Packagings, die Produktion und Regie der Videoclips, etc., bin ich selbst verantwortlich.

HE: Was hat dich am meisten bei deiner "Platten-zerstören-und-tauschen" beeindruckt?
Erstmal für all die, die nicht wissen, wovon die Rede ist. Playback Payback (www.playback-payback.com) ist die wahrscheinlich erste und einzige Payback Aktion der Musikgeschichte. Das Versprechen lautet: Jeder, der seine Lieblingsplatte zerstört, bekommt mein Album umsonst. Er/sie muss sich nur dabei filmen und den Clip einsenden. Die Kampagne ist natürlich als Provokation gegen die Musikindustrie sowie die direkte Konkurrenz zu sehen. Platten verkauft man heutzutage ohnehin nicht mehr, warum dann also nicht gleich verschenken. Und die Wertlosigkeit des Tonträgers an sich wird eindrucksvoll durch dessen massenhafte Zerstörung dokumentiert.
Am beeindruckendsten an allem war zum einen die Originalität der eingesendeten Filme und der Enthusiasmus und Spaß, den die Beteiligten offensichtlich hatten. Zum anderen haben mich die zahlreichen Zusendungen eines amerikanischen Fetischclubs überrascht, dessen Mitglieder sich bei der Zerstörung von Tonträgern erregen.

HE: Was irritiert dich am meisten wenn es um deine Musik geht?
Die Frage, wie es gemeint ist.
Viele Menschen sind offensichtlich so abgestumpft, dass sie mit einem Thema, das sich ihnen nicht sofort erschließt, überfordert sind. Ich denke, diese Frage stellt sich nicht, wenn man genauer hinsieht.

HE: Was liegt bei Dir aktuell auf dem Plattenteller?

  • Christian Kreuz - Diktatur des Kapitals (Die beste deutsch-Rock-Pop-Elektro Platte des Jahrzehnts, hat es leider nie zum wohlverdienten Ruhm gebracht)
  • Jamie Lidell - Multiply (eigentlich schon zu lange, aber nie langweilig)
  • Benny Sings - At Home (ein hochgeschätzter Kollege mit butterweicher Stimme)
Soweit die Auskünfte des "Imperators".
Zu seinem Album sei noch gesagt: Zwölf Songs, denen man die Hingabe an die Musik anhört und die fast jeden begeistern. Präzise Arrangements, prägnante Bläser, treibende Beats gemischt mit süßen Hintergrundchören. Er gibt der Musik den Glanz zurück, für den ehemals Michael Jackson und Prince gesorgt haben.
Dass darüber hinaus auch die Qualität der Aufnahmen, der Instrumentierung und der Produktion durch Professionalität besticht, scheint schon fast selbstverständlich und sollte auch den letzten Skeptiker überzeugen. Das kann man fast nicht glauben? Try it, just a little bit! Eigentlich warten wir nur noch auf den Starschnitt - und es ist seit Jahren das erste Mal, dass es wirklich wieder jemand verdient hätte!

AMOS
Imperator of Pop CD/LP
Sounds of Subterrania!
Bezugsadresse: www.jpc.de